Text: Simone Fischer, Foto: Taktzeit
Semen Masikevych floh vor drei Jahren aus der Ukraine nach Deutschland – mit nicht viel mehr als seiner Leidenschaft für Design. Heute arbeitet er als Trainee und wird bald Creative Director in einer Düsseldorfer Werbeagentur. Eine entscheidende Rolle spielte dabei die IHK-Initiative Willkommenslotse, die Unternehmen und Geflüchtete zusammenbringt. Seine Geschichte zeigt, wie Talent, Durchhaltevermögen und die richtige Unterstützung zum Erfolg führen können.
Semen Masikevych arbeitet konzentriert an einem Layout für einen Kunden. Linien setzen, Farben abstimmen, Abstände justieren – sein Beruf als Medien-Designer macht ihm sichtlich Freude. Für den 20-Jährigen ist sein Job mehr als nur Alltag: Es ist ein Neuanfang, eine Bestätigung und der Beweis, dass sich Durchhalten lohnt.
Der Neuanfang nach der Flucht
Vor drei Jahren floh Masikevych allein aus der Ukraine nach Deutschland. Der russische Angriffskrieg zwang ihn, seine Heimat zu verlassen. Geblieben ist nur seine Leidenschaft für Design. In der Ukraine hatte er seine Ausbildung als Grafik-Designer an der IT Step Academy begonnen, die er per Fernstudium vor vier Monaten erfolgreich abgeschlossen hat. Dieser Abschluss wurde in Deutschland bisher jedoch nicht anerkannt – ein harter Rückschlag für den jungen Kreativen, der hier Fuß fassen wollte. Doch der junge Mann ist keiner, der Anstrengungen scheut und schnell aufgibt.
„Ich erzählte den Willkommenslotsen von meinem Problem mit der Anerkennung meines Abschlusses und meinem Wunsch, nun doch endlich arbeiten zu können und mein Wissen und meine Fähigkeiten einbringen zu wollen. Das war ein echter Gamechanger“
Semen Masikevych
IHK-Initiative Willkommenslotsen als Türöffner für Geflüchtete
Als er 2021 in Deutschland ankam, lernte er als allererstes Deutsch. In vier Monaten erreichte er das B1-Niveau, in weiteren vier Monaten das B2-Niveau. Neben Russisch, Ukrainisch und Englisch spricht er inzwischen fließend Deutsch, hat sich mit der deutschen Bürokratie und ihren Behörden vertraut gemacht und sich ein Netzwerk aufgebaut. Doch trotz aller Mühen stand er vor einer Hürde: Wie sollte er ohne anerkannte Qualifikation in der Branche Fuß fassen? Hier kam die IHK Düsseldorf ins Spiel. Durch die Agentur für Arbeit bekommt er Kontakt zu den „Willkommenslotsen“ der IHK. „Das war für mich wirklich ein Gamechanger“, berichtet Masikevych und strahlt. „Ich erzählte den Willkommenslotsen von meinem Problem mit der Anerkennung meines Abschlusses und meinem Wunsch, nun doch endlich arbeiten zu können und mein Wissen und meine Fähigkeiten einbringen zu wollen.“
Karrierechance bei Taktzeit
Zur selben Zeit suchte Till Belkoura, Geschäftsführer der Kommunikations- und Marketing-Agentur Taktzeit in Düsseldorf, händeringend nach qualifizierten Fachkräften. Doch passende Bewerber zu finden, gestaltete sich schwierig. Die Vermittlung durch die Willkommenslotsen brachte ihn schließlich mit Masikevych zusammen. Ihr Ziel: Geflüchtete mit Unternehmen zusammenzubringen. So fanden Semen und Till zusammen – und es passte auf Anhieb. „Ich habe sofort gemerkt, dass Semen Talent hat und eine unglaubliche Leidenschaft für Design mitbringt. Er war sofort mittendrin und voll dabei“, berichtet Belkoura, dessen Agentur in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert und rund 30 Mitarbeitende beschäftigt. Seit 2009 bilden er und sein Partner unter anderem in der Mediengestaltung und Webentwicklung aus. Es sei so schwer, qualifizierte junge Menschen zu finden, bedauert er und betont: „Ich bin deshalb dankbar für, dass es solche Möglichkeiten durch die IHK gibt.“
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Vom Praktikant zum künftigen Creative Director
Masikevych startete vor vier Monaten mit einem Praktikum. Er nutzte die Chance, sich zu beweisen. Schnell wurde klar: „Hier ist mehr möglich. Inzwischen ist Semen Trainee und soll schon bald als Creative Director bei uns arbeiten“, freut sich der Geschäftsführer. Für den jungen Ukrainer fühlt sich das alles wie ein großes Geschenk nach einem langen, oft mühsamen Weg an. „Ich habe mich hier vom ersten Moment an sehr wohl gefühlt. Das Team ist unglaublich nett, die Aufgaben machen mir großen Spaß. Dabei hatte ich zu Beginn nach dem zähen Ringen um meine berufliche Anerkennung auch Befürchtungen, meine Kenntnisse reichen vielleicht doch nicht aus. Aber dem war nicht so. Im Gegenteil, es hat auch fachlich perfekt gepasst. Ich freue mich jeden Tag, hier arbeiten zu dürfen“, sagt er.
Auch privat ist der Grafik-Designer angekommen: Er lebt in einer kleinen WG in Meerbusch und verfolgt in seiner Freizeit ebenfalls kreative Projekte: . „An den Wochenenden entwickle ich gerade mit Freunden ein Online-Strategie-Spiel. Dabei bringt jeder seine Kompetenzen ein. Zum Beispiel in den Bereichen KI, 3D und natürlich Design“, sagt er.
Ein Vorbild für andere
Die Erfolgsgeschichte von Masikevych zeigt: Anerkennung ist nicht nur eine Frage von Zertifikaten und Zeugnissen, sondern auch von Talent, Engagement und der richtigen Unterstützung. Dank der Willkommenslotsen der IHK Düsseldorf fanden ein motivierter junger Designer und ein suchendes Unternehmen zusammen – eine echte Win-Win-Situation. Eine Win-Win-Situation für alle – für Semen, für das Unternehmen und für den regionalen Wirtschaftsstandort. Sie ist ein Beleg dafür, welches Potenzial in der Zusammenarbeit von Unternehmen und Initiativen wie den Willkommenslotsen steckt. Denn oft sind es nicht die formalen Abschlüsse, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden – sondern die Bereitschaft, Chancen zu geben und zu nutzen.
Semen arbeitet weiter an seinen Designs – mit Freude und dem Wissen, dass sein Weg in Deutschland gerade erst begonnen hat. Die Initiative Willkommenslotse der IHK Düsseldorf fungiert als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Geflüchteten sowie Institutionen wie Jobcentern Fragen rund, Arbeitsagenturen und Berufskollegs. Sie bieten praktische Unterstützung bei um Ausbildung, Beschäftigung und Qualifizierung von Geflüchteten und informieren über rechtliche Rahmenbedingungen. Ziel ist es, eine Willkommenskultur in Betrieben zu fördern und somit eine erfolgreiche betriebliche und soziale Integration der Geflüchteten zu erreichen. Auf Wunsch vermitteln die Willkommenslotsen Geflüchtete in Praktika, Einstiegsqualifikationen und Ausbildungsplätze. Die Beratung erfolgt in Deutsch, Englisch, Ukrainisch, Türkisch und Arabisch.
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