Wirtschaftsfaktor Indien

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Text: Gesa van der Meyden
Beim Thema Wirtschaftsfaktor Indien treiben deutsche Unternehmen zwei Dinge derzeit besonders um: die Abhängigkeit vom schwierigen Partner China und der Fachkräftemangel. Das lenkt den Blick auf ein Land, das erst vor wenigen Wochen die Volksrepublik als bevölkerungsreichsten Staat der Erde abgelöst hat. „Indien ist für deutsche Unternehmen aus vielen Gründen interessant“, sagt Katrin Lange, Referentin International, India Desk, der IHK-Düsseldorf. „Das Land rückt in den Fokus deutscher Unternehmen, wenn es um die Diversifizierung von Lieferketten geht und um die Reduzierung von Abhängigkeiten von nur einem Zulieferer. Zudem bietet es allein dank seiner schieren Größe und der jungen Bevölkerung enorme Chancen.“
Eine deutsche Kommune, die das schon länger erkannt hat, ist Düsseldorf. „Es gibt hier ein starkes Indien-Netzwerk, viele indische Firmen, besonders aus dem IT-Bereich, siedeln sich bei uns an. Dazu kommen Messebeteiligungen, regelmäßige Unternehmerreisen und eine rege Teilnahme indischer Partner an Highlight-Veranstaltungen wie dem Digital Demo Day oder der Start-up-Woche“, erklärt Katrin Lange. Neben der Messe sind es die Universität, der Flughafen und Düsseldorfs zentrale Lage in Europa, die den Standort aus indischer Sicht attraktiv machen.

Deutsch-indische Auslandshandelskammer größte weltweit

Doch auch bundesweit wird der Wirtschaftsfaktor Indien wichtiger. So wachsen die Kooperationen mit dem Subkontinent, das illustriert allein eine Zahl: „Mehr als 4.000 Mitglieder zählt die deutsch-indische Auslandshandelskammer. Damit ist sie die größte bilaterale Auslandshandelskammer weltweit“, sagt deren Geschäftsführer Dirk Matter. Er gehörte zu den Referenten der Veranstaltung „Aktuelle Chancen und Herausforderungen im Indiengeschäft“ in der IHK Düsseldorf am 11. Mai. Das Land, dessen Bevölkerung im Durchschnitt 28 Jahre alt ist, verfüge über ein „Growth Mindset“, sagte Moderator Ralf Schlindwein, Geschäftsführer Abteilung International bei der IHK Düsseldorf.
In seinem Vortrag „Aktuelle wirtschaftliche Lage, branchenspezifische Chancen & Markteinstieg“ sprach Dirk Matter über die wachsende Bedeutung Indiens für deutsche Unternehmen. „Nahezu alle DAX-Unternehmen sind in Indien vertreten, insgesamt gibt es dort 2.000 deutsche Firmen mit rund 325.000 Mitarbeitenden. Wir als Auslandshandelskammer werden überschwemmt mit Anfragen.“ Bei aller Aufbruchstimmung sei es aber wichtig, sich intensiv mit Indien und seinen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auseinander zu setzen. „In der indischen Politik gilt das Motto ,India First‘, der Protektionismus nimmt zu.“

„Ein großes Plus ist, dass in Indien alle Englisch sprechen“

Mohammed Reihani, EMKA Beschlagteile Gmbh & Co. KG

Auch Tillmann Ruppert, Partner und Rechtsanwalt der Kanzlei Rödl und Partner und dort zuständig für Indien, warnte in seinem Vortrag zum „Steuerumfeld in Indien“ vor der indischen Tendenz zur Abschottung. „Für ausländische Unternehmen sind die Steuersätze deutlich höher als für inländische.“ Diese Kosten müsse jeder, der in Indien investieren wolle, mitbedenken.
„Indien als strategischer Partner“ lautete das Thema des Panels bestehend aus Dirk Matter, Dr. Jörg Podehl, Chair German Indian Round Table Düsseldorf (GIRT) und Partner der Anwaltskanzlei Hoffmann Liebs sowie Mohammed Reihani, Director Sales Asia, EMKA Beschlagteile Gmbh & Co. KG aus Velbert. Reihani hat selbst auf dem Subkontinent gearbeitet und kennt sich aus mit dem Wirtschaftsfaktor Indien. Er sieht wesentliche Vorteile im Vergleich zum großen Konkurrenten China. „Ein großes Plus ist, dass in Indien alle Englisch sprechen.“

Jungen Menschen prägen den Wirtschaftsfaktor Indien

Im Gegenzug legen die indischen Mitarbeitenden großen Wert darauf, ihrerseits vom Unternehmen wertgeschätzt zu werden. „Die Bindung an die Firma ist enorm wichtig, etwa durch gemeinsame Ausflüge zum Cricket, Bowlen oder T-Shirts mit Firmenlogo. Je höher die Identifizierung, desto geringer die Fluktuation“, sagt Jörg Strothmann, Geschäftsbereichsleiter IPetronik GmbH & Co. KG im Gespräch mit Katrin Lange zum Schlüsselthema „Fachkräfte in Indien finden und halten“. Seit 15 Jahren ist sein Unternehmen in Indien und hat dort 50 Mitarbeitende. „Die Ressourcen sind enorm. Die jungen Menschen sind besser ausgebildet als in China, und sie sind hochmotiviert.“
Dennoch sei es wichtig, Bewerberinnen und Bewerber genau zu prüfen. „Viele schicken automatisierte Bewerbungen raus oder treten Stellen kurzfristig nicht an. Daher braucht es eine gute Personalabteilung, die Kandidaten vorher filtert. Faire Bezahlung, Smalltalk, Fragen nach der Familie sind in Indien wichtige Faktoren, um Mitarbeitende zu halten“, betont Strothmann. Gleiches gilt für indische Fachkräfte in Deutschland. Es gibt hierzulande rund 35.000 Studierende vom Subkontinent, allein 800 an der RWTH Aachen. „Viele können sich vorstellen, zu bleiben. Und um Fachkräfte aus Indien anzuwerben, müsste es bei der Anerkennung von Abschlüssen und dem Nachweis von Sprachkenntnissen schneller gehen. Da ist die Politik gefragt“, sagt Strothmann.


Weitere Beiträge zu internationale Wirtschaftsthemen – etwa zu Geschäften mit den USA – im Online-Magazin der IHK Düsseldorf

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