Verbrenner adé?

Aus der IHKPerspektivenVerbrenner adé?

Pro Verbrenner adé:
Der E-Mobilität gehört die Zukunft

Auf diese Entscheidung habe ich schon viele Jahre gewartet. Ich halte sie im Interesse unserer Klimaentwicklung für absolut richtig. Lediglich die erneute Prüfung im Jahr 2026 ist ein kleiner Wehrmutstropfen. Schon jetzt gibt es Batterien, deren Lebensdauer bis zu 200.000 Kilometer weit reichen. Dazu existieren viele interessante Ideen, wie das zweite Leben einer Batterie aussehen kann. Auch im Bereich der seltenen Erden wird es Entwicklungen geben, welche E-Autos bald preiswerter machen können. Zwar stellen auch Wasserstoff und E-Fuels spannende Aspekte dar. Im Ergebnis bedeuten sie jedoch dasselbe wie ein Festhalten an Diesel und Benzin: Es werden weiterhin Verbrennungsmotoren gebaut und es bedarf weiterhin einer riesigen, emissionslastigen Logistik, um die Treibstoffe durch die Gegend zu fahren. Marktwirtschaftlich gesehen gehört der E-Mobilität die Zukunft.

Verbrenner adé
Holger te Heesen, Logistikexperte,
Foto: Wilfried Meyer

Schon im vergangenen Jahr waren knapp die Hälfte aller Neuzulassungen in Deutschland mit elektrischen oder hybriden Antrieben ausgestattet. Natürlich war dies auch den Förderprogrammen geschuldet, die nun reihenweise auslaufen. Aber die Entscheidung der EU-Kommission wird die positive Entwicklung der E-Mobilität weiter antreiben. Das haben auch die großen Autohersteller erkannt. Manche haben sogar angekündigt, bereits früher vom Verbrenner Abschied zu nehmen. Um unsere Wirtschaft mache ich mir deshalb keine Sorgen. Sicherlich werden auch 2035 weltweit noch viele Verbrenner unterwegs sein. Aktuell beträgt der Anteil elektrisch betriebener PKW und LKW in Deutschland nur 1,3 Prozent. Zudem wird ein Großteil des Schwerlastverkehrs durch ausländische LKW aus Nicht-EU-Ländern abgewickelt. Dabei gibt es bereits intelligente Konzepte zur Verkehrsreduzierung auf den Straßen für den Güter- und Individualverkehr, die ohne Mobilitätseinschränkungen auskommen. Der einfache Austausch Verbrenner gegen Elektro ist nicht die einzige Lösung für unser Klima. Wichtig ist, dass nun langfristig gedacht wird. Es braucht von der Politik einen klaren Plan, mit langfristigen Fördermöglichkeiten, sodass sich Wirtschaft und Verbraucher umstellen können. Mit einer erneuten Prüfung 2026 und der damit potenziellen Kippmöglichkeit wird diese Entscheidung aber kaum einen Effekt erzielen können.

Contra Verbrenner adé:
Richtiges Ziel, falscher Weg

In der Volkswirtschaftslehre spricht man von einer Ceteris-Paribus-Annahme, wenn bei einem ökonomischen Modell nur die Auswirkung einer bestimmten, veränderten Variable auf das Gesamtergebnis untersucht wird. Alle anderen Einflüsse werden konstant gehalten. Es scheint, als ob die EU-Kommission mit ihrer Entscheidung einem solchen Modell gefolgt ist. Der Gedanke und das Ziel sind zwar richtig. Schließlich müssen wir dringend Ressourcen einsparen und unsere Emissionen mit Blick auf die Umwelt reduzieren. Ich bin selbst E-Autofahrer der ersten Stunde. Eine Verengung des Problems auf den Verbrennungsmotor ist jedoch der falsche Weg. Denn dies gefährdet unseren Wirtschaftsstandort in Deutschland und Europa. Bei essentiellen Themen wie der Motorenentwicklung oder Batterieproduktion haben wir den Wettbewerb der E-Mobilität bereits verloren.

Verbrenner adé
Frank M. Schmid, Geschäftsführer der Schmid Mobility Solutions GmbH, Foto: Wilfried Meyer

Dafür fehlt unserer wichtigen Autoindustrie auch der Direktzugriff auf wesentliche Rohstoffe wie Kobalt. Viele Dax-Konzerne wie Siemens verlagern ihre Produktion daher bereits oder wandern in die Absatzländer ab. Diese Entwicklung wird mit einseitigen Parametern wie reinen Verboten weiter beschleunigt werden. Ich befürchte eine kommende Deindustrialisierung von Deutschland. Stattdessen braucht unsere Wirtschaft ein gemischtes Setup von Vorgaben und Möglichkeiten, die Anreize zur Einsparung von Ressourcen und Emissionen bieten. Die Ausweitung des Emissionshandels auf den Verkehrssektor wäre eine Möglichkeit. Aber ein reines Verbot von Verbrennungsmotoren ist zu einfach. Denn nicht nur der CO2-Ausstoß ist das Problem, sondern auch die Feinstaub- und Lärmbelastung oder fehlende Recycling-Konzepte der wertvollen Rohstoffe. Hier muss die Politik ansetzen und ökonomische Rahmenbedingungen in Form vielschichtiger Programme anbieten.
Wir müssen einen Werte- und Zielrahmen aufstellen, der auf Ressourcenschonung abzielt. Gleichzeitig muss eine Resilienz gewahrt werden, welche die Standortsicherheit garantiert. Nur so werden die unternehmerischen Freiräume erhalten, mit denen unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt. Nutzen wir die Innovationskraft unserer Unternehmen.


Verbrenner adé? ist eines der Themen in der Rubrik Pro & Contra im Online-Magazin der IHK Düsseldorf

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