Text: Jürgen Grosche, Foto: Andreas Wiese, Flughafen Düsseldorf
Einen einschneidenden Veränderungsprozess erlebt gerade der Düsseldorfer Flughafen. Die Zahlen sprechen für sich: Zählte der Airport 2019 noch 25,5 Millionen Fluggäste und damit ein Rekord-Passagieraufkommen, waren es 2020 in Folge der Corona-Beschränkungen gerade mal 7,5 Millionen. „Das war eine Katastrophe für das Unternehmen Flughafen“, sagte Thomas Schnalke, Vorsitzender der Geschäftsführung des Airports, kürzlich bei einer Online-Veranstaltung des NRW-Wirtschaftsrates der CDU. Die Flughafengesellschaft verzeichnete einen Verlust von 183 Millionen Euro, „und 2021 wird sicherlich nicht viel besser aussehen“. Erst 2025 werde der Flughafen wieder das Niveau von 2019 erreichen, vermutet Schnalke.
Diese Entwicklung belastet die Unternehmen der Region, sie sind angewiesen auf gute Geschäftsverbindungen. „Der Flughafen hat für uns eine relativ große Relevanz“, sagt zum Beispiel Alexandra Stampfer, Geschäftsführerin des Haaner Unternehmens Anlagenbau Stampfer GmbH. Es produziert Industrieanlagen für die Schüttgutindustrie, unter anderem spezielle Fördertechnik für anspruchsvolle Produkte, und ist auf Baustellen im In- und Ausland tätig. In 20 Minuten seien die Mitarbeiter am Flughafen und oft auf die Früh- und Spätverbindungen angewiesen. „Sonst sind Übernachtungen nötig. Wenn das Angebot künftig ausgedünnt bliebe, wäre das schlecht für uns.“
„Für eine wirtschaftlich starke Stadt und ihre Unternehmen ist ein moderner internationaler Flughafen an einem zentralen Standort mit guter Erreichbarkeit ein sehr wichtiger Faktor“, sagt auch Simone Thedens, Geschäftsführerin beim Düsseldorfer Unternehmen Thedens GmbH, das in der Kfz-Karosseriereparatur und -Lackierung tätig ist. „Unsere nationalen und internationalen Geschäftspartner und Geschäftspartnerinnen sind für die gute und schnelle Anbindung sehr dankbar.“ Vom Airport profitierten die Stadt und viele weitere Branchen, die ebenfalls viele internationale Gäste beherbergen und bewirtschaften.
Die Bedürfnisse der Wirtschaft sind klar, IHK-Verkehrsreferent Thomas Vieten bringt sie auf den Punkt: „Wichtig sind neben den europäischen Strecken die Langstreckenverbindungen nach Asien und Nord-/Mittelamerika – auch für den Güterverkehr. Denn in den Passagiermaschinen werden auch viele Waren transportiert.“
Wirtschaft braucht gute Verbindungen
„Zudem braucht die Wirtschaft – wie Alexandra Stampfer beispielhaft zeigt – die frühen und späten Verbindungen. Daher bleibe das Thema neue Betriebsgenehmigung mit den Verbesserungen bei Kapazität und Flexibilität auf der Tagesordnung“, betont Vieten. Die Entscheidung trifft das Landesverkehrsministerium. „In den Spitzenstunden brauchen wir eine Ausweitung der Starts und Landungen auf 60 Slots“, sagt Flughafenchef Schnalke. Es gehe „nur um eine effiziente Nutzung der vorhandenen Infrastruktur“.
Selbst in den zurückliegenden Monaten seien in den Spitzenzeiten die Kapazitäten überproportional ausgelastet gewesen, sagt Thilo Schmid, Senior Vice President Aviation & Accountable Manager des Flughafens. „Wir gehen fest davon aus, dass wir uns im nächsten Jahr erholen und im Sommer wieder Spitzenwerte erreichen.“ Auch wenn noch dunkle Wolken über dem Düsseldorfer Flugfeld liegen, sieht Schmid neue Chancen für den Airport. „Im Sommer treten wir in eine zweite Phase.“ Viele Zielländer haben Lockerungen angekündigt, und auch in Deutschland stehen neue Freiheiten an. Aus den Plänen der Airlines schließt Schmid: „Ende Juni und im Juli wird das Flugvolumen deutlich zulegen.“ Für den Sommer erwartet der Experte 50 Prozent des üblichen Volumens.
„Geschäftsreisen entwickeln sich auf überschaubarem Niveau“
Thilo Schmid, Flughafen Düsseldorf
Zunächst werden der touristische Verkehr und Besuchsreisen von Freunden und Verwandten zunehmen. „Geschäftsreisen entwickeln sich auf überschaubarem Niveau“, sagt Schmid und verweist auf die Zurückhaltung von Unternehmen, die Reiseaktivitäten ausgesetzt haben. Interkontinentalflüge ab Düsseldorf dürften voraussichtlich gegen Ende des Jahres wieder zulegen, vermutet Schmid. In Asien lasse derzeit noch kaum ein Land Europäer ohne Einschränkungen wie Quarantäne einreisen, und die schwer getroffenen Fluggesellschaften würden sich zunächst auf die regionalen Netze konzentrieren und die Interkontinental-Verbindungen erst nach und nach wieder aufnehmen. Der Flughafenmanager ist aber zuversichtlich, dass Gesellschaften wie Ana (Japan) und Singapur Airlines im nächsten Jahr relativ zügig ihre Asienflüge wieder anbieten werden.
Dass der Flughafen selbst die Wende schafft, steht für Schmid außer Frage. Schon jetzt steht die Testinfrastruktur mit zwei Zentren in den An- und Abflugbereichen sowie einem Drive-Through-Testzentrum im Parkhaus 3. Er ist zuversichtlich, dass der Düsseldorfer Airport der Herausforderung gewachsen ist, das System Flughafen nach der Pandemie schnell wieder hochzufahren. So hätten die Sicherheitsfirmen viele Mitarbeiter an Bord gehalten, die derzeit noch in Kurzarbeit sind.
Über dieses Thema haben wir auch im IHK Quarterly 02/2021 berichtet.
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