Text: Nina Mützelburg, Foto: Heike Skamper
Die schmale Linie, wo der asphaltierte Weg aufhört und der überwucherte Trampelpfad, der hinein in den Wald führt, beginnt, ist die Grenze. Hinter dieser Linie sollen die Gedanken an Terminstress und Alltagssorgen geparkt werden. Es wird förmlich eingetaucht in das satte Grün aus Pflanzen und Bäumen, bis hin zu einer leicht erhabenen Stelle – ideal geeignet für die erste Übung. Mit geschlossenen Augen soll der Wald gehört werden. Wenn ein Sinn ausgeschaltet wird, sind die anderen geschärft. Was vorher ein Hintergrundrauschen war, nicht näher definiert in seinen Einzelheiten, wird plötzlich laut. Sehr laut. Der kleine Bach wird zum reißenden Fluss, aus dem wirren Gezwitscher werden unterschiedliche Vogelstimmen. Ein erster Aha-Moment bei dieser Achtsamkeitsmethode aus Japan, die sich Waldbaden nennt. Brigitte Ulrich aus Ratingen bietet das Waldbaden in der Region Neanderland an. Zwei bis drei Stunden macht sie mit den Kursteilnehmern im Angertal Wahrnehmungs- und Achtsamkeitsübungen. Fühlen, Riechen, Schmecken, Hören – alle Sinne werden angesprochen. Das soll den Fokus verändern. Am Ende sind die Teilnehmer für drei Stunden entschleunigt und haben im Idealfall eine erste Idee, dass es immer auch eine andere Sicht auf die Dinge gibt. „Ich habe mit dem Waldbaden angefangen, als aufgrund von beruflichem Stress das Thema Achtsamkeit für mich wichtig wurde“, sagt sie. An der Deutschen Akademie für Waldbaden und Gesundheit, wo sie mittlerweile auch als Dozentin tätig ist, hat sie sich ausbilden lassen. 2019 war sie damit noch eine Art Pionierin. Mittlerweile gehören auch Krankenhäuser und Unternehmen zu Ulrichs Kunden. Nur eines von vielen Angeboten des Tourismus im Kreis Mettmann.
Der Tourismus im Kreis Mettmann und die Marke Neanderland
Auch Arne Jährling und seine Mitarbeiter vom Destinationsmanagement neanderland haben Waldbaden als Teamevent schon getestet. Denn es ist nur eines von vielen Möglichkeiten für Besucherinnen und Besuchern im Kreis Mettmann. Seit zehn Jahren vermarkten alle zehn Kreisstädte unter der Marke neanderland ihr Tourismus- und Freizeitangebot gemeinsam. Angefangen hat alles 2013 mit der Einweihung des Neanderland-Steigs, einem fast 240 Kilometer langen Wanderweg, der das gesamte Kreisgebiet umrundet. „Bis heute ist er unser Premiumprodukt. Im Laufe der Jahre sind schließlich unsere Entdeckerschleifen hinzugekommen, die auf Strecken zwischen zwei und 19 Kilometern für alle Ansprüche etwas zu bieten haben“, sagt Jährling. Der Tourismus im Kreis Mettmann punktet insbesondere durch seine Natur. Auf dem Panoramaradweg Niederbergbahn, einer 40 Kilometer lange Strecke, die hauptsächlich über die stillgelegte Trasse der Niederbergbahn führt, kann diese auch per Rad erkundet werden. Demnächst soll es für Fahrradfahrer ein touristisches Wegweisungssystem geben. „Der Kreis hat aber noch viel mehr zu bieten, wie den Waldkletterpark in Velbert, die Bergstation, eine Kletterhalle in Hilden, und die große Wasserskianlage in Langenfeld“, erzählt Jährling. Nicht zu vergessen das wohl bekannteste Ziel, das Neandertal mit seinem Museum und der Fundstelle. Unter der Marke neanderland gibt es zudem das Siegel „Typisch neanderland“, mit denen Produzenten regionaler Produkte, aber auch Restaurants, die diese nutzen, und spezielle Landerlebnisse ausgezeichnet werden.
„Der Kreis Mettmann hat einen starken Naherholungscharakter“
Guido Zakrzewski ist fachpolitischer Sprecher der IHKs in NRW
Momentan kommen Gäste in der Regel aus einem Umkreis von rund zwei Fahrstunden und halten sich als Tagestouristinnen und Touristen in der Region auf. „Unser Ziel ist es, auch verstärkt Übernachtungsgäste in die Region zu locken“, sagt Jährling. Spitzenjahr war mit etwas mehr als einer Million Übernachtungen 2019. Pandemiebedingt sind die Übernachtungszahlen in den Jahren 2020 mit rund 430 000 und 2021 mit rund 380 000 massiv zurückgegangen. Seit dem vergangenen Jahr erholen sich diese Werte nun, jedoch konnte der Kreis mit 760.000 Übernachtungen das Niveau vor Corona noch nicht wieder erreichen. Dabei ist Ratingen die Kommune mit den höchsten Übernachtungszahlen. Ein Großteil der Übernachtungsgäste waren und sind Business- und Messegäste. Das soll sich ändern. Guido Zakrzewski ist fachpolitischer Sprecher der IHKs in NRW und weiß um die Vielfältigkeit der Region: „Der Kreis Mettmann hat einen starken Naherholungscharakter. Mit seiner Natur und der gleichzeitigen Nähe zu den großen Städten wie Düsseldorf, Essen und Köln sowie der Vielfalt der Kreisstädte ist er mit nur wenigen anderen Regionen in NRW vergleichbar.“ Credo sollte es demnach sein, den Tourismus im Kreis Mettmann als Wirtschafts- und Standortfaktor weiter zu stärken. Das sieht auch Niklas Schulte von der IHK Düsseldorf so: „Der Tourismus ist ein Zukunftsmarkt für den Kreis, in dem er sich stark positionieren sollte. Naturtourismus ist seit Corona wieder stark gefragt. Während der Pandemie haben viele im Umkreis erst gemerkt, wie schön es hier ist. Naherholung und Nachhaltigkeit sind Trend. Wir als IHK bieten Netzwerke und drängen in Politik und Verwaltung darauf, dass entsprechende Strukturen geschaffen werden.“
Weitere Beiträge zum Kreis Mettmann im Online-Magazin der IHK Düsseldorf
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