Text: Jürgen Grosche, Fotos: Eric Remann
IHK-Magazin: In der Region hat man aufmerksam beobachtet, dass Sie nicht nur im Vorstand der Rheinbahn tätig sind, sondern im Sommer selbst Straßenbahn gefahren sind. Was hat Sie dazu bewogen?
Annette Grabbe: Mir ist klar, dass meine Entscheidungen als Vorständin direkte Auswirkungen auf die Mitarbeitenden, das operative Geschäft und auch auf unsere Fahrgäste haben. Deswegen war es mir von Anfang an wichtig, zunächst die Zusammenhänge und die Menschen zu verstehen. Unser Fahrdienst ist das Herzstück des Unternehmens. Ich verstehe mich als Teil des Ganzen und will die relevanten Funktionen im Unternehmen persönlich erleben und verstehen, was die Menschen, die dies jeden Tag machen, bewegt. Deswegen arbeite ich regelmäßig im operativen Geschäft mit.
IHK-Magazin: Vor welchen Herausforderungen steht die Rheinbahn angesichts der Verkehrswende?
A.G.: Unsere wichtigste Aufgabe ist es, die Rheinbahn fit für die Zukunft zu machen, damit die Mobilitätswende gelingen kann. Herausforderungen sind die Antriebswende, also die Dekarbonisierung unserer Busflotte, der Fachkräftemangel, die Modernisierung unserer Infrastruktur und schnelle Fortschritte in der Digitalisierung. Neben den zwingend notwendigen finanziellen Investitionen, die die Politik mittragen muss, braucht der ÖPNV auch Vorteile im Straßenverkehr, wie Vorrangschaltungen an Ampeln. Um vor allem Pendlerinnen und Pendler zum Umsteigen zu bewegen, reicht es nicht, dass das Angebot in Düsseldorf gut ist – es muss auch in der umliegenden Region attraktiv sein. Das heißt, wir müssen städteübergreifend denken. Für eine gelingende Mobilitätswende müssen wir mehr Menschen für den ÖPNV gewinnen.
IHK-Magazin: Wie gehen Sie das alles strategisch an?
A.G.: Wir möchten die Zukunft von innen heraus gestalten. Unsere Ziel ist, das Wissen und die Kompetenz in unserem Unternehmen noch besser zu vernetzen und übergreifenden Zugang dazu zu schaffen. Wir wollen alle Mitarbeitenden und auch all unsere Stakeholder aktiv in den Prozess des Wandels einbinden. Jede und jeder kann mitmachen. Dabei wird auch Fokussierung eine Schlüsselrolle spielen.
IHK-Magazin: Der Weg zur Klimaneutralität ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Wandels. Wie wollen Sie ihn beschreiten?
A.G.: Die Antriebswende ist ein Thema, das wir mit Nachdruck betreiben. Bereits seit 2021 fahren unsere Bahnen und E-Busse mit Ökostrom. Die gesamte Busflotte wollen mein Kollege Michael Richarz und ich bis 2034 auf Batterie- und Wasserstoffantrieb umstellen. Angesichts der komplexen Lieferketten und Beschaffungsprozesse ist das eine große Herausforderung. Parallel dazu müssen wir auch die Energieversorgung und die Infrastruktur sicherstellen, unsere Betriebshöfe und Werkstätten auf den Einsatz der neuen Busse vorbereiten – und vor allem, die Belegschaft mitnehmen und die Mitarbeitenden schulen. Mit großem Elan arbeiten wir daran, unseren Kundinnen und Kunden weitere digitale Angebote zu machen, um ihnen den Umstieg auf den ÖPNV zu erleichtern. Alle, die mit unseren Bussen und Bahnen fahren, werden damit unmittelbar zu Klimaschützerinnen und Klimaschützern.
IHK-Magazin: Das alles kostet viel Geld. Wie steht es um die Finanzierung?
A.G.: Unsere Region braucht einen attraktiven Nahverkehr, um die verbindlich festgelegten Klimaziele im Verkehrssegment zu erreichen. Die Rheinbahn spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Politik beauftragt uns, die Leistungen umzusetzen, und stellt auch die Finanzierung sicher. Einen wichtigen Beitrag leisten unsere Einnahmen, aber kein Verkehrsbetrieb in Deutschland arbeitet kostendeckend. Düsseldorf steht dabei vergleichsweise gut da. Wir selbst befinden uns in einem sehr guten Austausch mit unseren Gesellschaftern und der Politik. Es ist allerdings unstrittig, dass die Länder und der Bund sich künftig stärker an der Finanzierung des Nahverkehrs beteiligen müssen. Genauso unstrittig ist, dass auch wir alles uns Mögliche tun müssen, um unsere internen Kostenstrukturen mit viel Verantwortungsbewusstsein zu beleuchten, zu hinterfragen und zu optimieren.
IHK-Magazin: Wie stellt die Rheinbahn ihre Attraktivität für Fahrgäste, unter ihnen ja auch viele Berufspendler, sicher?
A.G.: Wir arbeiten tagtäglich daran, die Qualität für unsere Fahrgäste zu verbessern. Was unsere Kundinnen und Kunden sehr gut annehmen, ist das Deutschlandticket. Die Fahrgäste profitieren auch von unseren neuen Apps: So können sie mit dem eezy-Tarif in ganz NRW fahren, der über das Smartphone nur die gefahrenen und damit günstigsten Luftlinienkilometer berechnet. Mit der Redy-App kann man auch andere Mobilitätsanbieter, zum Beispiel Roller oder Leihräder, nutzen. Über unseren On-Demand-Service flexy decken wir räumliche und zeitliche Randbereiche ab. Wir vernetzen die Verkehrsträger also intelligent miteinander und senken die Zugangsbarrieren weiter. Die Verkehrswende gelingt, wenn alle den Nahverkehr als attraktive Alternative zum eigenen Auto wahrnehmen. Wir sind nicht dogmatisch unterwegs, freuen uns aber über jede Fahrt, bei der das Auto zugunsten von Bus oder Bahn und damit auch zugunsten unseres Klimas stehen bleibt. Die jüngeren Generationen zeigen bereits ein deutlich geändertes Mobilitätsverhalten.
IHK-Magazin: Wie sieht es mit dem Angebot an Verbindungen aus – auch in den Kreis Mettmann?
A.G.: Wir überarbeiten regelmäßig unser Netz. In Düsseldorf wird es ab dem 7. Januar 2024 den Rheintakt geben. Die Linien werden harmonisiert, die Taktung verbessert. Die Organisation des Nahverkehrs im Kreis Mettmann erfolgt durch ein Netzwerk von Buslinien. Auch hier gibt es zu jedem Fahrplanwechsel Verbesserungen. In Mettmann haben wir zudem im Januar 2023 den Bürgerbus eingeführt. Er sorgt da, wo der reguläre Linienverkehr nicht hinkommt, für Mobilität. Die Zusammenarbeit mit den umliegenden Gebieten wollen wir verstärken. Ich setze auf Kooperation.
IHK-Magazin: Wie profitieren Unternehmen vom Angebot der Rheinbahn?
A.G.: Gemeinsam mit uns können die Unternehmen der Region ihren Mitarbeitenden vergünstigte Jobtickets anbieten. Wir haben bereits Verträge mit mehr als 300 Großkunden vereinbart. Die gute Verkehrsanbindung ist ein wichtiger Standortfaktor, und Unternehmen können das Jobticket nutzen, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu verbessern. Auch hier wünsche ich mir eine intensivere Zusammenarbeit mit den Unternehmen. Ich möchte die Bedürfnisse der Unternehmen und Mitarbeitenden besser verstehen und gemeinsam passgenaue Lösungen entwickeln.
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