Text: IHK-Redaktion
Videoaufzeichnungen im Kündigungsschutzprozess
In einem Kündigungsschutzprozess darf das Gericht auch Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung berücksichtigen, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Es besteht in einem solchen Fall grundsätzlich kein Verwertungsverbot. Das gilt sogar dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts, also des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) beziehungsweise der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), gestanden hat, solange die Videoüberwachung offen erfolgt ist und vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht. In einem solchen Fall ist es auch grundsätzlich irrelevant, wie lange der Arbeitgeber mit der erstmaligen Einsichtnahme in das Bildmaterial gewartet und es bis dahin vorgehalten hat.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts, 2 AZR 296/22)
Haftung eines Gaststätten-Besucher
Der Besucher einer im Außenbereich einer Gaststätte liegenden Terrasse, deren Belag einen rustikalen, mediterranen Eindruck vermittelt, kann nicht mit einer vollständig ebenen Fläche rechnen. Den Gastwirt trifft keine Verkehrssicherungspflicht, einen gänzlich gefahrfreien Zustand der Terrasse herzustellen.
Der Betreiber der Gaststätte hat grundsätzlich nur die Vorkehrungen zu treffen, die nach den berechtigten Sicherheitserwartungen der Besucher zur Abwehr von Gefahren erforderlich sind. Er muss nicht einen schlechthin gefahrfreien Zustand der Terrassenfläche herstellen, sondern nur solchen Gefahren entgegenwirken, auf die sich der Benutzer nicht einstellen kann. Dabei kann grundsätzlich von den Gästen verlangt werden, dass sie sich den gegebenen Verhältnissen anpassen und die Verkehrsfläche so hinnehmen, wie sie sich ihnen erkennbar darbietet. Verdeutlicht das Erscheinungsbild der Terrasse den Gästen unmittelbar, dass sie ein Gelände vor sich haben, das nicht sämtliche Unebenheiten nivelliert, müssen sie ihren Gang den Örtlichkeiten anpassen. Zwar muss ein Gastwirt damit rechnen, dass seine Gäste wegen des Genusses von Alkohol oder aufgrund sonstiger Umstände in ihrer Gehsicherheit beeinträchtigt sein können. Dann muss aber von dem Geschädigten dargelegt werden, dass der Belag bei verminderter Aufmerksamkeit kein gefahrloses Begehen ermöglicht.
(Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, 11 U 33/23)
Betriebsratsvorsitzende darf nicht Datenschutzbeauftragter sein
Der Vorsitz im Betriebsrat steht einer Wahrnehmung der Aufgaben des Datenschutzbeauftragten typischerweise entgegen und berechtigt den Arbeitgeber in aller Regel, die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten zu widerrufen. Ein Interessenkonflikt, der zur Abberufung berechtigt, ist anzunehmen, wenn der Datenschutzbeauftragte innerhalb einer Einrichtung eine Position bekleidet, die die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Die Aufgaben eines Betriebsratsvorsitzenden und die eines Datenschutzbeauftragten können danach typischerweise nicht ohne Interessenkonflikt durch dieselbe Person ausgeübt werden.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts, 9 AZR 383/19)
Ein Sturz bei einem Firmenlauf kein Arbeitsunfall
Ein Firmenlauf stellt weder Betriebssport noch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung dar. Verletzt sich ein Beschäftigter bei der Teilnahme hieran, ist das kein Arbeitsunfall. Die Zurechnung des Firmenlaufs zur Beschäftigung scheitert am fehlenden inneren Zusammenhang. Für die Anerkennung des Laufs als Betriebssport bedarf es einer gewissen Regelmäßigkeit. Der charakteristische gesundheitsfördernde Ausgleichszweck muss im Vordergrund stehen. Dies ist nicht der Fall bei einem nur einmal im Jahr stattfindenden Firmenlauf, der mit Siegerehrung und „Run-Party“ eher den Charakter eines Wettstreits aufweist. An dem Wettkampfcharakter ändert sich auch nichts dadurch, dass sich einige Beschäftigte gemeinsam auf den Lauf vorbereiten und mit einheitlichem Teamnamen anmelden.
Der Firmenlauf stellt auch keine unter Versicherungsschutz stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung dar. Er ist nur für eine kleine, sportlich engagierte Gruppe von Beschäftigten interessant. Die regelmäßig von Sportvereinen organisierte Großveranstaltung steht etlichen Unternehmen, Organisationen sowie Freizeit- und Nachbarschaftsteams zur Verfügung. Sie ist daher nicht geeignet, den betrieblichen Zusammenhalt eines Unternehmens zu fördern.
(Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, L 3 U 66/21)
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