Text: IHK-Redaktion
Auch Stellenbewerberinnen und -bewerber dürfen nicht diskriminiert werden.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hat das Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern und zu beseitigen. Es gilt für Arbeitnehmende und Auszubildende und schließt auch Stellenbewerbende ein.
Um effektiven Rechtsschutz zu gewähren, sieht das AGG eine sogenannte Beweislastumkehr vor: Wenn Benachteiligte Indizien beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines der zuvor genannten Merkmale vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass dennoch keine Diskriminierung vorgelegen hat. Eine behinderte Person, die sich wegen ihrer Behinderung für benachteiligt hält, genügt ihrer Darlegungslast also, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie als behinderte Person wahrgenommen und deshalb benachteiligt worden ist.
Jedoch gibt es keinen Generalverdacht der Diskriminierung. Die bloße Behauptung „ins Blaue hinein“, also ohne tatsächliche Anhaltspunkte, genügt nicht. Allein die Aussage, eines der zuvor genannten Merkmale zu erfüllen und deshalb eine ungünstigere Behandlung als eine andere Person erfahren zu haben, begründet kein Indiz für eine Diskriminierung.
(Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Oktober 2022, 4 Sa 290/22)
Was gehört zum Arbeitsweg?
Das Anbringen einer Frostschutz-Abdeckung an der Autoscheibe gehört nicht zum Arbeitsweg. Wer dabei umknickt, erleidet keinen Arbeitsunfall. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Anbringen der Abdeckung den eigentlichen Weg zur Arbeit deutlich unterbricht. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Anbringen der Frostschutz-Abdeckung nach dem Ende der Fahrt mit dem Auto und vor dem Antritt des Restweges zu Fuß erfolgt ist.
Das vorsorgliche Abdecken einer Autoscheibe nach dem Abstellen des Autos stellt eine unversicherte Handlung dar, die allein der Vorbereitung einer (späteren) Fahrt dient. Es handelt sich auch nicht um eine den Versicherungsschutz nicht beeinträchtigende private Verrichtung „im Vorbeigehen“. Denn das Abdecken der Scheibe erfordert einen räumlichen Abweg und eine vom Weg ganz unabhängige Verrichtung.
(Urteil des Landessozialgerichts Halle vom 14. Dezember 2022, L 6 U 61/20)
Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch Minderjährige
Der selbstständige Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch einen Minderjährigen muss vom Familiengericht genehmigt werden. Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung ist, dass der Minderjährige die psychische und charakterliche Reife wie ein Volljähriger aufweist. Zudem muss er über die nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, um sich im Geschäftsleben angemessen zu verhalten und die sich aus dem Erwerbsgeschäft ergebenden Verpflichtungen Dritten und der Allgemeinheit gegenüber zu erfüllen.
Als Indizien dafür, dass diese gebotene Reife vorliegt, werden etwa die schulischen Leistungen, die Kenntnisse in unternehmensbezogenen Bereichen wie Finanzierung und Steuern – nachgewiesen auch durch den Besuch einer entsprechenden Schulung – oder die bisherige Mitarbeit in einem Erwerbsgeschäft herangezogen. Die besondere Reife des Minderjährigen ergibt sich nicht allein aus technischen Fertigkeiten. Vielmehr muss er sich nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch im Rechts- und Erwerbsleben schon im Wesentlichen wie ein Volljähriger benehmen können. Eine solche besondere Reife kann sich aus der Teilnahme des Minderjährigen an einem entsprechenden Kurs der Industrie- und Handelskammer, durch praktische Arbeit oder durch Praktika in einem Unternehmen ergeben.
(Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. August 2022, 5 WF 72/22)
Verkehrsregeln auf einem Baumarkt-Parkplatz
Die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ findet auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung keine Anwendung, soweit den dort vorhandenen Fahrspuren kein eindeutiger Straßencharakter zukommt.
Für den Straßencharakter kommt es darauf an, ob die baulichen Verhältnisse für den Verkehrsteilnehmer vertraute typische Straßenmerkmale erkennen lassen. Dabei bestehen Unterschiede in der Gewichtung einzelner baulicher Merkmale, wie Fahrbahnmarkierungen, Fahrspurbreite oder Asphaltierung. An einem Straßencharakter fehlt es, wenn die Fahrspuren nicht dem zügigen Verkehrsfluss, sondern der Eröffnung von Rangierraum dienen. Liegt kein Straßencharakter vor, müssen sich die Autofahrer über die jeweilige Vorfahrt verständigen. (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. November 2022, VI ZR 344/21)
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