Text: IHK-Redaktion
Miete bei Corona-Lockdown
Ein Einzelhändler, dessen Ladenlokal im Corona-Lockdown für den Publikumsverkehr geschlossen werden musste, kann seine Mietzahlung nicht ohne Weiteres aussetzen oder reduzieren.
Eine allgemeine coronabedingte Schließungsanordnung begründet keinen Sachmangel des Mietobjekts, der einen Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Der Zustand der Mieträume als solcher erlaubte weiterhin die vertraglich vorgesehene Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts.
Allerdings kann in solchen Fällen eine Unzumutbarkeit der vollständigen Mietzahlung wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen. Das setzt jedoch voraus, dass die Inanspruchnahme des Mieters zu einer Vernichtung seiner Existenz führen oder sein wirtschaftliches Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen kann. Darüber hinaus muss auch die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung erlauben. Hierfür ist eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls erforderlich, bei der unter anderem der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen (etwa durch Kurzarbeit) sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkäufliche Ware zu berücksichtigen sind.
(Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Februar 2021, 7 U 109/20)
Tankgutscheine können Arbeitsentgelt sein
Tankgutscheine über einen bestimmten Euro-Betrag und Einnahmen aus der Vermietung von Werbeflächen auf privaten Pkw, die als neue Gehaltsanteile an Stelle des Bruttoarbeitslohns erzielt werden, sind sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt und unterliegen der Beitragspflicht.
Sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt umfasst grundsätzlich alle geldwerten Vorteile, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn der ursprüngliche Bruttoarbeitslohn rechnungsmäßig fortgeführt wird und die Tankgutscheine und Werbeeinnahmen als „neue Gehaltsanteile“ angesehen werden. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Werbeeinnahmen auf eigenständigen Mietverträgen mit der Belegschaft beruhen.
Bei Tankgutscheinen handelt es sich auch nicht um Sachbezüge, wenn sie auf einen bestimmten Euro-Betrag lauten und als Geldsurrogat teilweise an die Stelle des wegen Verzichts ausgefallenen Bruttoverdienstes treten. Die steuerrechtliche Bagatellgrenze von 44 Euro im Monat kommt daher nicht zur Anwendung.
(Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. Februar 2021, B 12 R 21/18 R)
Ist Rufbereitschaft Arbeitszeit?
Eine Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft stellt nur dann in vollem Umfang Arbeitszeit dar, wenn die dem Arbeitnehmer auferlegten Einschränkungen seine Möglichkeit, während dieser Zeit seine Freizeit zu gestalten, ganz erheblich beeinträchtigen. Organisatorische Schwierigkeiten, die eine Bereitschaftszeit durch natürliche Gegebenheiten oder der freien Entscheidung des Arbeitnehmers für ihn mit sich bringen kann, sind unerheblich.
Bei der Vergütung dürfen Zeiten, in denen tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht werden, und Zeiten, in denen keine tatsächliche Arbeit geleistet wird, in unterschiedlicher Weise berücksichtigt werden. Das gilt selbst dann, wenn diese Zeiten in vollem Umfang als Arbeitszeit anzusehen sind. Bereitschaftszeiten, die nicht als Arbeitszeit eingestuft werden können, dürfen jedoch auch in Form einer Zahlung zum Ausgleich der Unannehmlichkeiten für den Arbeitnehmer vergütet werden.
(Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 9. März 2021, Rs C-344/19 und Rs C-580/19)
Mindestruhezeit bei mehreren Verträgen
Hat ein Arbeitnehmer mit demselben Arbeitgeber mehrere Arbeitsverträge geschlossen, gilt die tägliche Mindestruhezeit für die Verträge zusammengenommen und nicht für jeden der Verträge für sich.
Jedem Arbeitnehmer müssen täglich mindestens elf zusammenhängende Ruhestunden gewährt werden. Das kann nicht erfüllt werden, wenn diese Ruhezeiten im Falle mehrerer Arbeitsverträge zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber für jeden Vertrag getrennt geprüft werden. Denn dann können die Stunden, die im Rahmen eines Vertrags als Ruhezeiten angesehen werden, im Rahmen eines anderen Vertrags Arbeitszeiten darstellen. Da jedoch ein und derselbe Zeitraum nicht gleichzeitig als Arbeitszeit und als Ruhezeit eingestuft werden kann, sind die Arbeitsverträge, die ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber geschlossen hat, zusammen zu prüfen.
(Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. März 2021, Rs C-585/19)
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