Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Anna Schwartz
Es ist schon eine Weile her, seit sie der Liebe wegen vom Bodensee ins Bergische Land gezogen ist. „Wir haben uns während des Studiums kennengelernt und es war keine Frage, dass mein Mann Peter in den elterlichen Betrieb in Velbert einsteigen wird“, erzählt Christine Jülicher. Mittlerweile ist die Betriebswirtin und Mutter von zwei Töchtern fest verortet im Kreis Mettmann und hat sich in Niederberg erfolgreich mit ihrer Agentur für Marketing & Werbung etabliert. Wer ist die 59-Jährige? Sie ist unprätentiös und sympathisch, kreativ und kommunikativ. Am liebsten hat sie mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft. Viel Arbeit und Verantwortung schrecken sie nicht. „Als Selbstständige schätze ich die Vielfalt an Kunden und Projekten“, sagt Jülicher. Es sind vor allem mittelständische Betriebe aus der Region, denen sie „maßgeschneiderte“ Ideen und Texte, Marketing-Lösungen, Werbeund PR-Aktionen präsentiert.
Christine Jülicher blickt über den Tellerrand
Nach dem Studium hat sie zunächst als Beraterin bei internationalen Werbeagenturen große Etats verantwortet. 1993 kam ihre Tochter Kira, zwei Jahre später Lea zur Welt, und sie wagte den Sprung in die Selbstständigkeit. Eigenständig, selbstbestimmt wollte sie damals sein – sie ist es bis heute. Neugierig sein, über den Tellerrand blicken, mitmischen, gestalten – das sind nur einige ihrer Triebfedern. Tatkräftig und mit Zuversicht ist die Marketing-Expertin für andere da, ist offen und empathisch, lacht gern und hört zu, ist hilfsbereit und engagiert sich – seit den Anfängen als Vorstand der Wirtschaftsjunioren Niederberg. In vielerlei Hinsicht gilt die Unternehmerin als Pionierin, die auf eine bemerkenswerte Karriere als Ehrenamtlerin zurückblicken kann. So hat sie sich früh für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt. Bundesweite Beachtung fand die von ihr initiierte Vereinsgründung „Junior Welt“. Mitte der 1990er Jahre war die Velberter Kinderbetreuungseinrichtung deutschlandweit eine der ersten Kitas, die ortsansässigen Unternehmen feste Plätze anbot. „Die Zeit des Aufbaus bedeutete zwei Jahre lang eine halbe unbezahlte Stelle für mich“, erinnert sich Christine Jülicher. „Doch ich war natürlich nicht allein, das Team war toll.“
Die Liste ihrer Ämter – auch auf der politischen Bühne – ist zu lang, um alle aufzuzählen: Mit Anfang 30 kandidierte sie als Einzelunternehmerin für die Vollversammlung der IHK Düsseldorf – und wurde gewählt zu einer Zeit, in der der Frauenanteil deutlich unter zehn Prozent lag. Unvergessen ist der Tag im Dezember 1999: Zum ersten Mal seit Bestehen der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer saß sie – das neue gewählte Präsidiumsmitglied – zwischen lauter Herren in ihren dunklen Anzügen. „Da war ich nicht nur die erste Frau unter all den ehrwürdigen Geschäftsleuten. Ich war die erste unter 40 Jahren auf diesem Posten, die erste aus dem Kreis Mettmann – und die erste Kleingewerbetreibende“, erzählt sie schmunzelnd. Als ehemalige Vizepräsidentin der IHK zu Düsseldorf ist sie derzeit Ehrenmitglied der Vollversammlung und unter anderem im Finanzausschuss tätig. Erst vor wenigen Wochen wurde Christine Jülicher von IHK-Präsident Andreas Schmitz für ihre Verdienste mit der Goldenen Ehrenmedaille ausgezeichnet. Was schätzt sie denn selbst am meisten an ihren ehrenamtlichen Aufgaben? „Die Möglichkeit, sich auf Augenhöhe mit anderen – egal ob als Chefin eines großen Unternehmens oder als Kleingewerbetreibender – Erfahrungen untereinander auszutauschen sowie die Rahmenbedingungen, um unternehmerisches Tun aktiv mitgestalten zu können“, betont sie und ergänzt: „Wer sich ärgert, dass nicht alles nach seinen Vorstellungen läuft, hat so gute Chancen, sachlich und zielorientiert positive Veränderungen anzustoßen.“
„Alles hat seine Zeit“
Christine Jülicher
Den Rat, sich zu engagieren, hat sie auch ihrer ältesten Tochter Kira mit auf den Weg gegeben. Die 29-Jährige – inzwischen gemeinsam mit ihrem Vater in der Geschäftsführung des Familienunternehmens Cours – ist bereits bei den Wirtschaftsjunioren und als Mitglied der IHK Vollversammlung in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten. Ein perfekter Generationswechsel – Christine Jülicher ist begeistert. Sie hält nichts davon, ewig an Posten und Ämtern zu kleben und erklärt: „Stillstand ist nicht mein Ding, dafür kann ich gut loslassen, schließlich hat alles seine Zeit.“ Wie sehen denn ihre Pläne aus? „Ich freue mich auf neue berufliche Herausforderungen, weniger ehrenamtliche Verpflichtungen, auf nicht mehr so frühes Aufstehen, mehr Zeit für Reisen mit meinem Mann, für Segeltörns mit unseren Kindern und ihren Partnern“, so die 59-Jährige. Nicht zu vergessen das tägliche Sportprogramm aus Walken, Spinning-Radfahren, Krafttraining und Yoga – für Langeweile jedenfalls ist keine Zeit.
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