Monheim: „Alte Freiheit“ lockt Unternehmen

Neben der Erreichbarkeit stehen Gewerbe- und Industrieflächen auf dem Wunschzettel der Wirtschaft

Text: Ronald Morschheuser, Illustration: Carsten Tiemessen

Bestaunt, gefeiert, angefeindet: Mit einem dramatisch niedrigen Gewerbesteuerhebesatz wurde Monheim am Rhein 2012 zum Ansiedlungs-Magnet. Aktuell gelten landesweit einmalig günstige 250 Punkte. Seit 2013 ist die Stadt schuldenfrei. Das erhält Kämmerin Sabine Noll auch in Corona-Zeiten Handlungsspielraum. Fast 200 Millionen Euro konnten in der Ausgleichsrücklage angespart werden. „Wir haben Gespräche mit unseren größten Gewerbesteuerzahlern geführt“, so Noll. „2020 nehmen wir wohl rund 30 Millionen Euro weniger ein. Aber wir konnten den Unternehmen dennoch zehn Millionen Euro als stadteigenen Corona-Hilfsfonds zur Verfügung stellen.“

„Das Angebot für Monheimer Bürger ist hervorragend“

Christof Mikat, TML Technik GmbH

Die gut gefüllte Geldbörse macht manches möglich bei der Entwicklung der „Alten Freiheit“, wie die Stadt auch gerne genannt wird. Sie versteht sich als „Hauptstadt für Kinder“ mit kostenlosen Kitas und Ganztagsschulen sowie als „Smart City“ mit flächendeckendem Glasfaser-Internet. Außerdem gibt es den „MonheimPass“ etwa für kostenlose ÖPNV- und Bibliotheks-Nutzung. „Das Angebot für Monheimer Bürger ist hervorragend“, lobt Christof Mikat, Vorsitzender des IHK-Ausschusses Langenfeld-Monheim. Gleichwohl bieten die bereits angebotenen Prozesse noch Optimierungs-Potenzial aus der Sicht der Wirtschaft. Sie hat laut IHK-Positionspapier zusätzlich zu stabil niedrigen Gewerbe- und Grundsteuerhebesätzen noch weitere Ideen und Wünsche.

Pendler für den ÖPNV gewinnen

„Da viele unserer Mitarbeiter außerhalb wohnen, wäre es schön, den kostenfreien ÖPNV für Pendler zu öffnen“, so Mikat. Fast 13.000 Einpendler könnten davon profitieren und künftig das Auto stehen lassen. Die beiden nächsten S-Bahn-Anbindungen liegen mit den Haltepunkten Langenfeld und Langenfeld-Berghausen zwar nicht auf Monheimer Gebiet, machen die Gewerbegebiete und die Innenstadt der „Alten Freiheit“ dennoch gut erreichbar. Handlungsbedarf gebe es allerdings insbesondere während der Bauzeiten für den Rhein-Ruhr-Express – die Stadtspitze müsse sich für eine bedarfsgerechte ÖPNV-Anbindung einsetzen. Dies gelte vor dem Hintergrund neu geschaffener Arbeitsplätze, aber auch von größeren, verkehrsträchtigen Projekten wie der „Kulturraffinerie“, einer in der Entstehung befindlichen Veranstaltungs-Location für bis zu beinahe 4.000 Gäste auf dem ehemaligen Shell-Gelände.

Verkehr wird dichter

Ebenfalls die Verkehrsdichte beeinflussen werden die Maßnahmen, die Anlaufpunkte in der Innenstadt wie das Rathaus-Center und das Monheimer Tor attraktiver machen. Schon in den letzten Jahren waren Kaufkraftzuflüsse zu beobachteten – was für den Erfolg der Strategie spricht. Die Wirtschaft mahnt, dass dennoch insbesondere der Handel durch mit der Stadt-Entwicklung verbundene Baumaßnahmen „erheblich beeinträchtigt“ werden könne. Gefordert wird daher, einen „Baustellenpaten“ als Ansprechpartner für die Unternehmen einzusetzen und mit einem speziellen Notfallfonds Umsatzeinbußen in Folge von Umbauten abzufedern.
Wo Baugenehmigungen innerhalb von fünf Wochen erteilt werden, gleichzeitig die Bezirksplanungsbehörde aber langfristig ein nicht mehr im Stadtgebiet ausweisbares Gewerbeflächendefizit von 36 Hektar konstatiert, fordert die Wirtschaft effiziente Gewerbe- und Industrieflächensicherung. Die entsprechende Vorratspolitik müsse einen ausgewogenen Flächenmix berücksichtigen auf einerseits großen, zusätzlich aber auch genügend kleinteiligen Grundstücken.

Erweiterungen im Süden

Der Gewerbe- und Industriestandort Monheim Süd müsse entlang der Grenze zu Leverkusen erweitert werden. Die südliche Nachbarstadt sollte laut Positionspapier indes gerade wegen ihrer wachsenden Konkurrenzfunktion proaktiv in die Gewerbe- und Industrieflächensicherung einbezogen werden. Perspektivisch gelte es, Gespräche mit Leverkusen über eine interkommunales Gewerbe- beziehungsweise Industriegebiet aufzunehmen.
Politik und Verwaltung genießen laut IHK-Positionspapier ein hohes Ansehen bei den Betrieben. Insbesondere auch kleinen Unternehmen und deren wirtschaftlicher Bedeutung müsse künftig jedoch noch größere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Was sagen die Bürgermeisterkandidaten zur den Forderungen der Wirtschaft? Antworten gibt es in der IHK-Wahlarena.