Mobilitätskongress Rheinland 2024: Scheitert die Verkehrswende?

Aus der IHKMobilitätskongress Rheinland 2024: Scheitert die Verkehrswende?

Text: Alexandra von Hirschfeld, Fotos: Meike Schrömbgens
Am 20. November 2024 lud die IHK-Initiative Rheinland zum Mobilitätskongress in Düsseldorf ein. Im Mittelpunkt stand die drängende Frage: Kann die Verkehrswende noch realisiert werden – trotz maroder Infrastruktur, Fachkräftemangels und fehlender finanzieller Mittel. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verkehr präsentierten Lösungsansätze und diskutierten über die Herausforderungen.

Schwierigkeiten und Konsequenzen

Der Verkehrssektor ist einer der größten CO₂-Emittenten. Zugleich leidet er unter veralteter Infrastruktur und akutem Fachkräftemangel. Joachim Künzel, Geschäftsführer des Nahverkehrs Westfalen-Lippe, schilderte die Auswirkungen: „Wenn eine Strecke ausfällt, bedeutet das massive Einschnitte für Fahrgäste und Wirtschaft. Wir kaufen Züge für 30 Jahre, aber die Finanzierung für Betrieb und Personal ist oft nur für wenige Jahre gesichert.“

Strategien gegen den Fachkräftemangel

Annette Grabbe, Vorstandsvorsitzende der Rheinbahn AG, stellte beim Mobilitätskongress Rheinland Maßnahmen zur Lösung der Fachkräftekrise vor. „Das Thema Personal ist für uns als Rheinbahn und die Branche eine der größten Herausforderungen.“ Die Rheinbahn spricht gezielt neue Zielgruppen an: Quereinsteiger, Flüchtlinge, Rentner und Menschen mit Teilzeitwünschen. Die schnelle Qualifikation von Fachkräften ist dabei ein Vorteil:
„Wir schaffen es, ungelernte Menschen in kurzer Zeit auszubilden.“ Zugleich werden die Arbeitsbedingungen verbessert, um den Beruf attraktiver zu machen. „Gerade junge Menschen stellen fest: Die Arbeitsbedingungen sind schlecht. Hier müssen wir dringend ansetzen“, betonte Grabbe. Auch Digitalisierung und KI spielen eine Rolle. „Die Verkehrswende braucht nicht nur Fahrer, sondern auch Experten für Digitalisierung und Mobilitätskonzepte – das macht unsere Branche spannend und zukunftsorientiert.“

Sanierung der Infrastruktur

Für die dringend erforderliche Sanierung der Verkehrsinfrastruktur kündigte Dr. Wolfgang Weinhold beim Mobilitätskongress Rheinland von der Deutschen Bahn umfangreiche Maßnahmen an: „Bis 2030 werden deutschlandweit 41 hochbelastete Schienenkorridore mit einer Gesamtlänge von 4.000 Kilometern generalsaniert. Einige Korridore werden bis zu fünf Monate gesperrt. Das ist ein Kraftakt, der Wirtschaft und Gesellschaft stark fordert.“ Gleichzeitig betonte er die langfristigen Vorteile: „Nachhaltigkeit und Kapazitätserweiterung stehen im Fokus – die Sanierungen sind keine kurzfristigen Reparaturen, sondern eine Neuausrichtung.“

Koen Cuypers, Senior Advisor des Hafens Antwerpen-Brügge, ergänzte, dass eine zuverlässige Schieneninfrastruktur essenziell für den intermodalen Verkehr ist. „Wir wollen den Anteil der Schiene in den nächsten zehn Jahren verdoppeln. Dafür brauchen wir stabile Anbindungen.“ Der Hinterlandverkehr nach Deutschland sei ein zentraler Baustein für die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens und die europäische Logistik.

Der Investitionsbedarf für Verkehrswege und ÖPNV in Deutschland beläuft sich auf rund 127 Milliarden Euro.* Oliver Wittke, Vorstandssprecher des VRR, erklärte. „Eine erfolgreiche Verkehrswende erfordert nicht nur mehr Mittel, sondern auch tiefgreifende Strukturreformen.“ Dazu gehört die Zusammenlegung von Verkehrsverbünden, um ineffiziente Abstimmungsprozesse zu reduzieren. „Wir brauchen eine landeseinheitliche Nahverkehrsgesellschaft mit einfachen Tarifstrukturen und schnelleren Entscheidungen.“

Oliver Wittke, Vorstandssprecher des VRR, beim Mobilitätskongress Rheinland 2024

Digitale Innovation und Zusammenarbeit

Digitalisierung ist ein weiterer Schlüssel. Tom Clemens von Arriva Niederlande zeigte auf, wie Chipkartensysteme und bargeldlose Bezahlung die Prozesse erleichtern können: „Anfangs gab es Widerstände, doch inzwischen haben die Fahrgäste die Vorteile erkannt.“ Wichtig sei eine klare Kommunikation und die Einbindung aller Nutzergruppen.

ÖPNV-Finanzierung und politische Verantwortung

Die nachhaltige Finanzierung des ÖPNV bleibt eine zentrale Herausforderung. Wittke plädierte für ein Sondervermögen für Verkehrsinfrastruktur, um Investitionen unabhängig von Haushaltskämpfen zu sichern. „Effiziente Strukturen, weniger Bürokratie und klare Prioritäten sind entscheidend.“ Die Verkehrswende erfordert Kooperation zwischen Politik, Wirtschaft und Infrastrukturbetreibern. Ocke Hamann von der IHK NRW betonte: „Die Kombination aus Schiene, Straße und Binnenschiff ist von hoher Wichtigkeit für das Wirtschaftswachstum.“

IHK-Präsident Andreas Schmitz zieht ein positives Fazit zum Mobilitäskongress Rheinland 2024

Mobilitätskongress Rheinland 2024: Fazit und Ausblick

Der Mobilitätskongress Rheinland zeigte: Die Verkehrswende ist machbar, aber sie erfordert Mut, Investitionen und Reformen. Andreas Schmitz, Präsident der IHK Düsseldorf, resümierte: „Mobilität ist mehr als der Weg zur Arbeit oder in den Urlaub. Sie ist die Lebensader unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft und unseres Wohlstands.“

* Quelle: Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft

NEUES AUS DER RUBRIK