Klimapakt auf gutem Weg

Aus der IHKKlimapakt auf gutem Weg

Text: Anke Henrich, Fotos: Felix Gemein, Landeshauptstadt Düsseldorf
„Wissen Sie eigentlich, dass jeder Deutsche im Schnitt fünf Gramm Mikroplastik pro Woche isst, also ungefähr eine Kreditkarte?“. Andreas Mucke, Geschäftsführer der Initiative „Circular Valley“, sorgte mit dieser Frage beim 4. Netzwerktreffen des Klimapakt Düsseldorf kurz für Schnappatmung. Dabei sprach er vor Profis: Die rund 80 Zuhörenden haben sich als Partner des Düsseldorfer Klimapakts, gegründet von der Landeshauptstadt Düsseldorf, der IHK Düsseldorf sowie der Handwerkskammer und der Kreishandwerkerschaft Düsseldorf, Umweltschutz und Ressourceneffizienz auf die Fahnen geschrieben. Mucke sorgte mit einer weiteren Zahl für Erstaunen: Während in Deutschland nur 13 Prozent der verbrauchten Rohstoffe Teil der Kreislaufwirtschaft werden, schaffen die Niederländer bereits 33 Prozent. Trotzdem beendete Mucke seinen Einführungsvortrag zum Thema Kreislaufwirtschaft nahezu enthusiastisch. „Wenn wir alle Teil des Problems sind“, so der Experte aus Wuppertal, „dann sind wir auch alle Teil der Lösung. Wir müssen nur Wissenschaft, Unternehmen und Startups in der Region noch stärker als bisher zusammenbringen.“

Circular Valley an Rhein und Ruhr

Dem konnte die Zuhörerschaft in Düsseldorf nur zustimmen. Denn die Landeshauptstadt praktiziert mit ihrem Klimapakt auf lokaler Ebene, was die Initiative „Circular Valley“ von Wuppertal aus für die gesamte Rhein-Ruhr-Schiene erfolgreich in Bewegung gebracht hat. Was das kalifornische Silicon Valley für die IT ist, soll das Circular Valley an Rhein und Ruhr für die Kreislaufwirtschaft werden – nicht weniger als der globale Hotspot. Branchen- und technologieübergreifend sollen Unternehmen, Startups, Wissenschaft und Politik globale Lösungen für die Transformation der Wirtschaft finden. Die Chancen sind gut: Schon jetzt sind weltweit erfolgreiche Projekte am Start.
Das Ziel des Düsseldorfer Klimapakts ist nicht minder ambitioniert: Bis 2035 will die Stadt klimaneutral werden. Eine Herausforderung. Deshalb unterstützt der Klimapakt, gegründet von der Stadt, der IHK Düsseldorf sowie der Handwerkskammer und der Kreishandwerkerschaft, alle interessierten heimischen Unternehmen darin, klimafreundlich zu wirtschaften. „Wir motivieren Unternehmen, aber wir drängen niemanden“, sagt Gerd Helmut Diestler, Ansprechpartner bei der IHK Düsseldorf. Wobei er überzeugende Argumente hat: „Wer unsere Klimaschutzvereinbarung unterzeichnet, bekommt damit Zugang zu Beratung, Webinaren und Seminaren, Hilfe beim Beantragen von Fördermitteln und Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit.“

Klimapakt
Beim Treffen des Düsseldorfer Klimapakts dankte Oberbürgermeister Stephan Keller den Unternehmen für ihr Engagement.

Mindestens ebenso wichtig ist für die Unternehmen der Zugang zum Netzwerk Gleichgesinnter, zum Erfahrungsaustausch in einem geschützten Raum. Dafür bekam der Klimapakt beim Netzwerktreffen besonderes Lob vom Düsseldorfer Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: „Es ist nicht selbstverständlich, gute Ideen zu teilen“. Der OB freute sich doppelt: „Unser Bündnis für Klimaschutz ist so erfolgreich, dass es schon mehrere Kommunen adaptiert haben und Düsseldorf als ‚Klimaaktive Kommune’ ausgezeichnet wurde.“ Schon jetzt kooperieren dafür 75 Unternehmen vom Startup bis zum Weltkonzern. Alle haben sich verpflichtet, ihr individuelles Konzept zur CO2-Reduktion vorzustellen und es nach fünf Jahren zu evaluieren.

Jüngster Partner beim Klimapakt ist Ubisoft

Gastgeber vor Ort am 27. Februar war die Firma Ubisoft in Flingern. Die deutsche Tochter des französischen Konzerns für Spiele-Software ist der jüngste Partner der Initiative. „Wir haben uns international 2020 mit unserer „Play Green“-Initiative verpflichtet, aktiv zur Reduzierung des CO2 -Fußabdrucks beizutragen“, berichtete Managing Director Benedikt Grindel. „Der Klimapakt Düsseldorf ist ein hervorragendes Forum, um auch auf lokaler Ebene unseren Beitrag zu leisten.“ Ubisoft schätzt den Erfahrungsaustausch: „Wir erhoffen uns insbesondere von dem Kontakt zu lokalen Initiativen neue Anregungen. Wer weiß, vielleicht können wir sogar mal etwas zusammen machen! Wir lernen gerne von anderen.“ Für den Software-Hersteller – das weltweit bekannte Aufbaustrategiespiel  „Anno 1800“ stammt aus Düsseldorf – ist vor allem die Reduzierung seines Stromverbrauchs für die vielen Server ein Anliegen. „Wir wollten den CO2 -Ausstoßes pro Mitarbeitenden um 8,8 Prozent bis Ende 2023 im Vergleich zu 2019 reduzieren“, erläutert Grindel. Das gehe zudem nicht ohne Kreislaufwirtschaft. „Deshalb achten wir beim Einkauf darauf, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die auf Ressourcenschonung, Reparierbarkeit und lange Lebenszeiten ihrer Produkte achten.“

Klimapakt hilft beim Ideenaustausch

Drei junge Unternehmen aus der Region bekamen die Chance, ihre Geschäftsmodelle vor dem aufmerksamen Publikum zu pitchen. Die Rhinopaq GmbH offeriert Versandpackungen, die bis zu 20 Mal verwendet werden können – und sammelt sie dafür auch wieder ein. Die Green Ocean GmbH hat eine Abwassertechnologie entwickelt, die giftige oder nicht biologisch abbaubare chemische Verbindungen in Abwässern um bis zu 90 Prozent zu Wasser und Kohlendioxid umsetzen kann. Moleküle machen es möglich. Die Bioweg UG wiederum nutzt Neben- und Abfallströme aus der Lebensmittelindustrie als Ausgangsmaterial für mikroplastikfreie Kosmetika und Lebensmittel. Zuhören lohnte sich. Anders als große Unternehmen mit Nachhaltigkeitsabteilungen und vollen Kassen, mussten diese Drei ihre Ideen kreativ mit kleinem Budget entwickeln und erproben.
Auch Sven Urselmann hörte ihnen konzentriert zu. Den jungen Tischler und Geschäftsführer von „Urselmann Interior“ aus Flingern reibt das Thema „Craddle to Craddle“ bei Immobilien um. „Wir liefern kreislauffähige Inneneinrichtungen. Unser Team aus Architekten und Handwerkern baut etwa bestehende Inneneinrichtungen bis hin zu Stahltreppen aus und baut sie in andere Immobilien ein.“ Als grünes Feigenblatt für den Nachhaltigkeitsbericht der Auftraggeber möchte er dabei nicht dienen. „Wir nehmen auch mal Aufträge nicht an“, zeigt er Haltung. Sein Ziel ist anspruchsvoll: Nachhaltiges Interior ohne Kompromisse mit moderner Ästhetik liefern und dafür gesunde Materialien nutzen. Urselmann wünscht sich noch mehr Aufmerksamkeit für den Düsseldorfer Klimapakt: „Noch haben nicht alle Unternehmen verstanden, wie wichtig die Kreislaufwirtschaft in der Zukunft für uns alle werden wird. Eigentlich sollten noch viel mehr Interessierte hier sein.“


Förderaufruf Ressource.NRW 2024 – 2025

Kleine und mittlere gewerbliche Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in NRW können sich jetzt um finanzielle Unterstützung bewerben. Gefördert werden Investitionen in innovative Anlagen mit Demonstrationscharakter, die einen wesentlichen Beitrag zur Ressourceneffizienz beziehungsweise zum Übergang in eine Circular Economy leisten. Das betrifft geplante Technologie, die noch nicht großtechnisch angewendet wird und bekannte Technik, die erstmals in einer neuen verfahrenstechnischen Kombination zum Einsatz kommen soll.
Die Förderquote beträgt maximal 60 Prozent, die maximale Fördersumme vier Millionen Euro. Anträge können online unter https://efre.ecoh.nrw.de eingereicht werden.


Weitere Beiträge zum Thema Düsseldorfer Klimapakt im Online-Magazin der IHK Düsseldorf

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

NEUES AUS DER RUBRIK