Text: Jürgen Grosche, Fotos: Meike Schrömbgens
Innovativer 3D-Laserdruck gehört zu den Zukunftstechnologien, die ganze Märkte verändern. Auch in der Luftfahrt kommt der Laserdruck seit einigen Jahren zunehmend zum Einsatz. Zu den Vorreitern gehört ein Unternehmen in Düsseldorf mit Sitz im Segro-Park an der Fichtenstraße: das Aviation AM Centre. Gegründet wurde das Unternehmen im August 2021 von Stephan Keil und Bernhard Randerath, zwei erfahrenen Führungskräften aus der Luftfahrtindustrie. Zuvor arbeiteten beide mehrere Jahre gemeinsam in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten bei der Fluggesellschaft Etihad Airways sowie in internationalen Managementpositionen bei Airbus in Deutschland und Frankreich. Sie sammelten dort reichhaltige Erfahrungen im Qualitätsmanagement, Programmleitung, Flugbetrieb, Entwicklung und Produktion und in der Wartung von Flugzeugen.
3D-Druck reduziert Kosten für Ersatzteile
In den stark beanspruchten Maschinen müssen Kunststoffkomponenten, die etwa in Sitzen, Tischen, Monitoren, Ablagen oder Seitenverkleidungen verbaut sind, regelmäßig ausgetauscht werden. Die Herstellung solcher Bauteile ist mit konventionellen Methoden, wie zum Beispiel Spritzgussverfahren, bei geringen Stückzahlen wegen der notwendigen Formwerkzeuge zeitaufwändig und teuer, im 3D-Druck hingegen wesentlich günstiger. „Wir haben daher bei Etihad damit begonnen, 3D-Druckverfahren zur Herstellung von Ersatzteilen für die Kabine zu etablieren“, sagt Keil. So konnte der Wartungsbetrieb Flugzeugteile nicht nur austauschen, sondern durch die entsprechenden Genehmigungen auch entwickeln und herstellen.
2019 kehrten Keil und später auch Randerath zurück nach Deutschland mit dem Ziel, ihre Erfahrungen in ein eigenes Unternehmen einzubringen. Zusammen mit EOS, einem der weltweit führenden 3D-Druck-Maschinenhersteller, sitzt das Aviation AM Centre in Düsseldorf im EOS-Innovationszentrum, wo das Unternehmen seine erste Produktionsstätte einrichtete.

Der Raum mit den Maschinen erscheint aufgeräumt, fast steril-nüchtern – die 3D-Druck-Systeme sind geschlossene Maschinen, in denen bei knapp 200 Grad Celsius die Bauteile aus weißem Kunststoffpulver gebaut werden. Im 3D-Drucker wird zunächst eine dünne Schicht Polymerpulver auf eine Bauplattform aufgetragen. Dieses Polymer ist schlagfest, langlebig und flammenhemmend, um die Einhaltung der Luftfahrtsicherheitsstandards sicherzustellen. Ein Laser verschmilzt dann selektiv das Pulver schichtweise überall dort, wo das Bauteil entstehen soll. Es wird anschließend in der Strahlkabine vom überschüssigen Material befreit.
Zertifizierte Bauteile für die Luftfahrtindustrie
„Die Luftfahrt setzt heute den 3D-Druck mehr und mehr in der Serienfertigung ein, und wir gehören zu den ersten, die das Verfahren für die Luftfahrt qualifiziert haben“, sagt Keil. „Und wir sind das einzige auf AM (Additive Manufacturing) spezialisierte Luftfahrtunternehmen in Deutschland, das nach den Richtlinien der Europäischen Luftfahrtbehörde für die Herstellung von Flugzeugbauteilen mit additiver Fertigung zertifiziert ist.“ Die Bauteile werden mit einem Zertifikat ausgeliefert, das die Lufttüchtigkeit der Teile entsprechend den Regularien der Europäischen Agentur für Flugsicherheit attestiert (EASA Form 1). Nur mit einem solchen Zertifikat ausgestattete Bauteile dürfen in kommerzielle Luftfahrzeuge eingebaut werden.
„Es gibt am Markt wenige Unternehmen, die diese Zulassung haben.“
Stephan Keil, Co-Gründer von Aviation AM
Für Aviation AM lohnt sich der aufwändige Genehmigungsprozess. „Es gibt am Markt wenige Unternehmen, die diese Zulassung haben“, sagt Keil. Die Düsseldorfer können jedoch nicht nur Wartungsbetriebe beliefern, sondern auch Zulieferer unter ihrer Luftfahrzulassung qualifizieren und so ein geographisch verteiltes Produktionsnetzwerk für additive Fertigung aufbauen. Das Aviation AM Centre liefert ebenfalls komplette AM-Produktionszellen mit ihrer Luftfahrtzertifizierung als Lösung für Unternehmen, die keine eigene Herstellerzulassung haben oder die noch keine AM-Technologie besitzen.
Erfolgsrezept: Start-up kooperiert mit etabliertem Unternehmen
Da das Aviation AM Centre die Teile günstig und schnell – in der Regel innerhalb von zwei Wochen – liefern kann, sind die Wachstumsaussichten derzeit gut. Aktuell sind acht Mitarbeiter für das Unternehmen tätig. „Wir haben das zweite Geschäftsjahr aufgrund einer sehr guten Nachfrage erfolgreich abgeschlossen“, sagt Keil. Der Standort Düsseldorf ist für das Aviation AM Centre übrigens nicht nur wegen der Partnerschaft mit EOS interessant. „In NRW gibt es mehr als 100 Unternehmen, die in die Luftfahrtbranche liefern“, sagt Keil.

Die Zusammenarbeit von Aviation AM und EOS zeigt: Die Kooperation eines Start-ups mit einem etablierten Unternehmen ist einer der wichtigsten Innovationstreiber. Gerade im Raum Düsseldorf sind die Bedingungen dafür günstig, erklärt Dr. Stefan Schroeter, Referent für Technologie und Innovation der IHK Düsseldorf. Er verweist auf Zentren wie den digihub Düsseldorf/Rheinland und den TechHub.K67, an denen sich auch die IHK aktiv beteiligt. Es gehe darum, etablierte Unternehmen und Start-ups zusammenzubringen und diese wiederum mit Investoren und Hochschulen zu vernetzen. Hier kann die IHK beratend unterstützen und zum Beispiel bei Anfragen im Netzwerk Kontakte zu passenden Kooperationspartnern herstellen. Ebenso gehört die Fördermittelberatung zum Aufgabenspektrum der IHK-Experten.
„In NRW gibt es mehr als 100 Unternehmen, die in die Luftfahrtbranche liefern.“
Stephan Keil, Co-Gründer von Aviation AM
Netzwerken funktioniert am besten im persönlichen Kontakt. Daher bietet die IHK auch verschiedene Veranstaltungen an, die Innovationen fördern, zum Beispiel Treffen, bei denen Start-ups neue Technologien vorstellen. Auch an der „Startup-Woche“ beteiligt sich die IHK mit mehreren Angeboten. Ein etabliertes Format ist darüber hinaus „Come & Cooperate“, eine Netzwerkveranstaltung, bei der direkte Gespräche zwischen Unternehmen und Hochschulen organisiert werden, um den Technologietransfer zu fördern. Die nächste Veranstaltung findet am Mittwoch, 6. November 2024, statt.
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