Text: Dagmar Haas-Pilwat, Foto: Meike Schrömbgens
„Next Chefs“ legt den Fokus auf die Nachwuchsförderung: Gemeinsam mit der IHK engagierten sich Gastro-Profis aus ganz Deutschland für die junge Generation – bei den Premieren der Aktion „Chefs in Town“ (ein Großevent, bei dem zahlreiche Starköche und Gastronomen neue, kulinarische Erlebnisse schaffen) und der Rolling Pin.Convention Germany mit einer eigenen Karriere-Lounge.
Einmal mit Linh Nguyen, der preisgekrönten, weltbesten Bartenderin einen Cocktail mixen – für Thi Huyen Tran ging dieser Traum in Erfüllung: Die 29 Jahre alte gebürtige Vietnamesin und Auszubildende im Bereich Restaurantfachfrau/-mann am Düsseldorfer Berufskolleg Albrecht Dürer – nutzte diese einmalige Chance und bekam für ihren aus Zutaten wie Gin, Milch, Rote Bete-Saft und Zitrusfrüchten selbst kreierten Cocktail „Hot girl sumer“ großen Lob von der „Queen of Cocktails“. Und die zierliche, 1,54 Meter große Profi-Barkeeperin mit vietnamesischen Wurzeln, die seit Jahren die männlich dominierte Bartender-Szene kräftig durchschüttelt, war begeistert, wie viel Enthusiasmus und Leidenschaft die Nachwuchskräfte an den Tag legten: „Es ist unglaublich, was die Azubis innerhalb weniger Stunden an Drinks mit besonderen Aromen sensorisch perfekt geschaffen haben. Solche jungen, energiegeladenen Leute sind die Zukunft unserer Branche, wir müssen sie auf ihrem Weg innovativ begleiten und fördern.“ Nur Besteck polieren oder Teller raustragen könne nicht Sinn der Ausbildung sein.
Mit Kreativität und Leidenschaft: Sternekoch Alexander Wulf
Ähnlich reagierte Sternekoch Alexander Wulf, der parallel mit einem Teil seiner Mannschaft aus dem Restaurant Troyka in Erkelenz angereist war, um am Benrather Berufskolleg mit der „Master-Class“ aus 16 angehenden Nachwuchs-Köchen und Köchinnen ein anspruchsvolles Menü zu zaubern. Lachs aus Wildfang, zur Schnecke gerollte Rote Bete- und Apfelstreifen, gefüllte Feuer-Kartoffeln, Teigtaschen namens Chinkali (eine georgische Spezialität), Gurken-Shots und Mini-Quark-Pfannkuchen mit Apfelgelee standen auf der Speisekarte. Hochkonzentriert schnippelten, raspelten, brutzelten und rührten die jungen Leute an den jeweiligen Stationen die Zutaten, schmeckten die einzelnen Gerichte ab, lernten die Teller anzurichten. Sie fühlten sich wie normale Köche und freuten sich riesig, als bei der finalen Verkostung ratzfatz alles aufgegessen war.
Für den in Sibirien geborenen Alexander Wulf, der sich von der deftigen Heimatküche seiner Mutter über die klassisch französische Haute Cuisine hin zur kreativen, russischen Gourmetküche nach ganz oben gekocht hat, ist das Zusammenspiel mit Auszubildenden zentral wichtig. „Das hält mich frisch und jung. Wer Motivation, Kreativität und Eigenverantwortlichkeit fördern will, muss dem Nachwuchs in der Gastronomie die Chance geben, selbst etwas in die Hand zu nehmen“, sagt der Restaurant-Chef von drei Auszubildenden im Service und drei in der Küche. Wulf macht ohnehin vieles anders, als er es selbst in seiner Ausbildung erlebt hat. So hat er die Vier-Tage-Woche eingeführt und: „Ich schnautze nicht rum, sondern schaffe ein Betriebsklima, in dem sich die Mitarbeitenden wohlfühlen. Dann bleiben sie von alleine.“
Fachkräftemangel in der Gastronomie: Chancen nutzen
Wie wichtig Events wie „Chefs in Town“ am Berufskolleg gerade im Hinblick auf die Fachkräfte und den Nachwuchs seien, betonte Dr. Jürgen Holtkamp, Bereichsleiter Ausbildungsberatung, -stellenvermittlung und -projekte der IHK Düsseldorf. „Die Branche leidet massiv unter Personalmangel und wir sind gefordert, Chancen aufzuzeigen, das Thema Ausbildung lebendig erlebbar machen, zeigen was im Bereich Gastronomie und Hotel alles möglich ist. Und da sind Jugendliche eben die besten Botschafter: Wenn sie auf Social Media oder bei ihren Freunden vom Kochen Schulter an Schulter mit dem Starkoch oder dem professionellen Cocktailmixen mit der Mixologie-Weltmeisterin erzählen, dann hallt das bei jungen Leuten nach – Neugierde wird geweckt, Karriere-Möglichkeiten werden aufgezeigt und die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen steigt.“ Solche Aktionen seien perfekte Türöffner, so der IHK-Experte.
Die Nachwuchsförderung hatte die IHK auch bei der Rolling Pin Convention im Fokus: Nach fünf Jahren in Berlin fand Deutschlands größter Gastrogipfel erstmals in Düsseldorf im Areal Böhler statt. Mehr als 10.000 Fachbesucherinnen und -besucher, darunter zahlreiche Spitzenköchinnen und -köche, reisten zum Kongress an und informierten sich über die neuesten Trends und Themen der Gastronomie und Hotellerie. Angesprochen waren alle Berufsgruppen von Köchen bis zu den Servicehelden. Um die Branche aktiv beim Fachkräftethema zu unterstützen, beteiligte sich die IHK mit einer eigens inszenierten Karriere-Lounge, zu der mehr als 1.000 eingeladene Schüler und Schülerinnen der Abschlussklassen von Hotel-, Gastronomie, Tourismus-Abschlussklassen kostenlosen Zutritt hatten. Aus erster Hand erfuhren sie mehr über Ausbildungen und Jobmöglichkeiten in der internationalen Gastronomie und Hotellerie. Sie konnten sogar Vorstellungsgespräche führen und eventuell schon einen Traumjob finden.
Zwei Auszubildende der Mittelstufe am Albrecht-Dürer-Berufskolleg verfolgen bereits konsequent ihre Ziele: Hamza, 18 Jahre jung, hat seine Leidenschaft für die Küche bei einem Schülerpraktikum entdeckt. Seitdem hat er immer nebenbei in Restaurants gejobbt und will nach der Ausbildung zum Restaurant-Fachmann zusätzlich die Koch-Ausbildung absolvieren. Sein Freund Nico (21) plant, nach bestandener Ausbildung als Angestellter mit einem Kreuzfahrtschiff auf Weltreise zu gehen und „danach werde ich Sommelier in einem Sternerestaurant“.