Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Andreas Endermann, Felix Gemein, Wilfried Meyer
Traditionell eröffnen in der Landeshauptstadt die IHK Düsseldorf und ihr Präsident Andreas Schmitz den Reigen der Neujahrempfänge und starten mit Promis und Podiumsdiskussionen ins neue Jahr. Inhaltlicher Schwerpunkt beim IHK-Jahresempfang 2024 war diesmal die Bundespolitik.
So sparte der Gastgeber in seiner Rede im Maritim Hotel am Düsseldorfer Flughafen nicht mit Kritik an der Bundesregierung, er ging aber auch auf die Lage der Kommunen ein.
IHK-Präsident Andreas Schmitz sprach sich in seiner Ansprache für mehr Mut, Gestaltungswillen und staatspolitische Verantwortung mit Blick auf notwendige, strukturpolitische Weichenstellungen aus. Diese gab es zuletzt in Deutschland im Jahr 2005 durch die Arbeitsmarktreformen.
Er rückte in seiner Rede zur Halbzeit der Legislaturperiode von der regionalen Perspektive ab und zog eine Zwischenbilanz der Ampel-Regierung. Neben der Schuldenbremse ging der IHK-Chef auf die drängenden Herausforderungen der Klima- und der Migrationspolitik ein. „Investitionen lassen sich auch ohne Schulden stemmen, zum Beispiel über eine Lenkung via CO2-Steuer oder eine Finanzierung über den Emissionshandel. Mit marktwirtschaftlichen Instrumenten können wir nachhaltiger, schneller und kostengünstiger ehrgeizige Klimaziele erreichen“, betonte Schmitz.
Der IHK-Präsident forderte beim IHK-Jahresempfang 2024 eine realistische Klimapolitik mit Maß und Mitte und einen Umbau der konsumtiven Staatsausgaben. „Aus Sicht der Wirtschaft ist das Gebot der Stunde ein Mehr an unternehmerischer Handlungsfreiheit, soll sie aus der Krise kommen und international wettbewerbsfähig bleiben. Wir brauchen dringend weniger Bürokratie, einfachere Verwaltungsverfahren und viel schnellere Genehmigungen.“ Gerade der Investitionsstau im Bereich der Infrastruktur sei ein deutliches Symptom dafür, dass die staatlichen Strukturen mit dem Tempo, in dem sich unsere Wirklichkeit verändere, immer weniger mithalten können. Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, müsse das Land zudem attraktiver für ausländische Fachkräfte werden.
Nicht nur der Bund, sondern auch die im IHK-Bezirk gelegenen Kommunen hätten beim Thema Haushalt zu kämpfen, berichtete der Kammerpräsident: „Denn 2024 fällt die sogenannte Bilanzierungshilfe weg als Ausnahme zum kommunalen Haushaltsrecht, die aus der Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine herrührenden Belastungen tragen helfen sollte.“ Angesichts einer überwiegend positiven Einnahmesituation spreche sich die regionale Wirtschaft gegen alle zusätzlichen Steuern und Abgaben aus, so Schmitz. Er lobte, dass in Düsseldorf die Realsteuerhebesätze nicht angehoben und das weiterhin hohe Investitionstempo beibehalten werden sollen. Aber: „Ein kleiner Wermutstropfen ist die neu eingeführte Bettensteuer.“
Christdemokrat Friedrich Merz, vor 23 Jahren zuletzt bei einem Jahresempfang der IHK auf der Bühne, zeigte sich kritisch und kämpferisch. Er machte keinen Hehl daraus, dass er so schnell wie möglich die aktuelle Bundesregierung ablösen möchte. Doch zunächst warf er beim IHK-Jahresempfang 2024 einen Blick auf die außenpolitische Lage, die „keinen Grund zum Optimismus bietet“. Er warnte davor, dass „wir im Rückblick sagen werden, dass wir zu wenig für die Ukraine getan haben“. Denn das Land brauche für die Wirtschaft, die Verwaltung und zur Kriegsführung nicht vier oder fünf Milliarden, sondern zwischen sechs und acht Milliarden Euro – monatlich. Null-Toleranz in Bezug auf Antisemitismus sei das Gebot der Stunde. Angesichts der Möglichkeit, dass der nächste US-Präsident erneut Donald Trump sein könnte, müsse Europa vorbereitet sein.
„Null-Toleranz in Bezug auf Antisemitismus ist das Gebot der Stunde“
Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU
Die Bewahrung von Frieden und Freiheit auf dem europäischen Kontinent und eine engere Zusammenarbeit der Staaten sei die zentrale Aufgabe der EU. Nur sie sichere den Wohlstand – auch in Deutschland, der „wirtschaftsstärksten Nation“. Applaus gab es für die Forderung von Friedrich Merz nach mehr Freihandel auf der Welt, der ebenso Düsseldorf, „der Hauptstadt der größten zusammenhängenden Wirtschaftsregion der gesamten europäischen Region“ zugutekommen würde. Bundespolitisch kritisierte Merz, dass die Ampelkoalition sich auf Finanztransfers beim Umbau der Wirtschaft und bei der Sicherung des Sozialstaats konzentriere (Stichworte: Subvention der Klimawende und Bürgergeld). „Es muss sich etwas ändern, damit Jobcenter nicht zu Zahlstellen für Bürgergeld werden“. Der Politiker rechnet künftig mit mehr Arbeitslosigkeit und will deshalb über eine Anhebung beispielweise beim Arbeitslosengeld nachdenken.
Für den Fall eines Regierungswechsels versprach Friedrich Merz beim IHK-Jahresempfang 2024 den Umbau der Sozialsysteme. Zugleich forderte er eine härtere Gangart, damit mehr ukrainische Geflüchtete in Deutschland arbeiten und so der Staat finanziell entlastet werde. Während in der Bundesrepublik nur 20 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge im Arbeitsmarkt seien, liege die Quote in den Niederlanden bei 60 Prozent und in Polen bei 90 Prozent. „Es war ein Fehler, den Ukrainern sofort Bürgergeld auszuzahlen.“ Merz nannte dies als ein Beispiel für staatliche Transfersysteme, die man finanziell nicht aufrechterhalten könne und dürfe. Stattdessen sollte der Staat starke Signale an die Menschen senden: „Wir möchten, dass ihr so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zurückkehrt.“
Bei der zum Abschluss live von WDR-Wirtschaftsredakteurin Ute Schyns moderierten Gesprächsrunde beim IHK-Jahresempfang 2024 stand das Thema Kommunalfinanzen im Mittelpunkt. Olaf Lehne, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Karin Guendel Gonzalez, Deutschlandchefin von Bayer CropScience und Daniel Zimmermann, Bürgermeister der Stadt Monheim am Rhein, thematisierten die steigenden Kosten für Personal und Energie, die Gewerbesteuer und Standortfragen. „Zahlreichen Kommunen in NRW steht das Wasser bis zum Hals“, so der einhellige Tenor.
In einer Zeit der Veränderung richtete der IHK-Präsident deshalb auch einen Appell an die Wirtschaft vor Ort: „Gerade in solchen Zeiten brauchen wir führende Köpfe der Wirtschaft, die sich über die Zukunft dieses Landes Gedanken machen, statt über ihren Abgang in die Schweiz oder in die USA. Man sollte nicht nur von der Politik eine bessere Kommunikation fordern, sondern sich selbst mit Ideen einbringen und Diskussionen anstoßen.“ An Düsseldorfs Oberbürgermeister gerichtet, regte der Gastgeber des Abends an, einen runden Tisch zum Thema „Zukunft“ ins Leben zu rufen. Top-Entscheider aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sollten regelmäßig zusammenkommen, um gemeinsam Düsseldorfs Zukunft zu gestalten.
Weitere Bilder und die Rede von IHK-Präsident Andreas Schmitz zum IHK-Jahresempfang 2024
Beitrag zum IHK-Jahresempfang 2023 im Online-Magazin der IHK Düsseldorf