Handelsabkommen: Weniger Zölle, mehr Handel

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Die EU hat mit mehr als 50 Staaten und Regionen Handelsabkommen geschlossen. Sie räumen Zölle und andere Hindernisse aus dem Weg. Diese Vorteile kommen auch zwischen den EU-Staaten und wichtigen Märkten in der Asien-Pazifik-Region zum Tragen.

Text: Lothar Schmitz, Foto: ©MAGNIFIER – stock.adobe.com
Die Region Asien-Pazifik gewinnt weltwirtschaftlich immer mehr an Bedeutung. Laut Internationalem Währungsfonds wird keine Weltregion in den kommenden fünf Jahren schneller wachsen. Für 2024 und 2025 erwarten Fachleute einen realen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von über vier Prozent, heißt es in einer Länderübersicht von Germany Trade & Invest. Im Jahr 2023 gingen knapp 14 Prozent der deutschen Gesamtexporte in den asiatisch-pazifischen Raum. An den deutschen Gesamtimporten hatte die Region einen Anteil von 22 Prozent.

Die Geschäfte laufen auch deshalb so gut, weil es zwischen der EU und wichtigen asiatischen Märkten Freihandelsabkommen gibt – nämlich mit Japan, Singapur, Südkorea und Vietnam. Die Abkommen unterscheiden sich naturgemäß in vielen Details voneinander. Gemeinsam ist ihnen jedoch das Grundprinzip, nämlich die Förderung des bilateralen Handels. Geregelt sind vor allem die Bedingungen, unter denen reduzierte Zölle – sogenannte Präferenzzölle – gelten oder Zölle ganz entfallen. Meist gibt es ausführliche Vereinbarungen über den Zugang zu Dienstleistungsmärkten, außerdem verständigen sich die Partner über weitere wichtige Aspekte wie Kennzeichnungspflichten, erforderliche Zertifizierungen oder Umweltschutz.

Beispiel für ein erfolgreiches Handelsabkommen: EU-Südkorea

Bereits seit 2011 ist das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südkorea in Kraft. Laut EU-Kommission wurden seitdem Zölle auf fast alle Ursprungserzeugnisse abgeschafft. Außerdem wurden nichttarifäre Handelshemmnisse für die Ausfuhr wichtiger EU-Produkte nach Südkorea wie Automobile, Pharmazeutika, Elektronik und Chemikalien beseitigt. Ein weiterer zentraler Aspekt: Die Dienstleistungsmärkte sowohl in der EU als auch in Südkorea haben sich weitgehend für Unternehmen und Investoren geöffnet.

In Zahlen: In den ersten fünf Jahren des Abkommens stiegen die EU-Exporte nach Südkorea um 55 Prozent, europäische Unternehmen sparten 2,8 Milliarden Euro an Zöllen ein, so die EU-Kommission.

„Dieses Abkommen ist ein Erfolg, es läuft weitgehend reibungslos und ist ein gutes Beispiel für die Dynamik, die Freihandelsabkommen entfachen können“, sagt Holger von der Burg, Teamleiter Zoll‑ und Außenwirtschaftsrecht der IHK Düsseldorf. Wie hiesige Unternehmen konkret profitieren, rechnet er exemplarisch vor: Eine heimische Firma verkauft eine Maschine für 100.000 Euro nach Südkorea. Hergestellt wurde sie in Düsseldorf, die Firma weist den EU-Ursprung nach. Der übliche Einfuhrzoll in Südkorea von acht Prozent entfällt dank des Abkommens, der Käufer spart 8.000 Euro. „Das verschafft unserem Unternehmen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil“, argumentiert von der Burg.

Maschinen zählen nach Fahrzeugen und Fahrzeugteilen und noch vor chemischen Erzeugnissen zu den wichtigsten deutschen Exportgütern nach Südkorea. Umgekehrt importieren deutsche Unternehmen aus Südkorea vor allem Elektronik sowie ebenfalls Fahrzeuge und Fahrzeugteile, chemische Erzeugnisse und Elektrotechnik. Auch Eisen und Stahl spielen eine wichtige Rolle bei den Einfuhren.

Die Zollvorteile gelten in beide Richtungen. Bei Auto-Ersatzteilen aus Südkorea zum Beispiel liegen die EU-Einfuhrzölle normalerweise bei zehn Prozent. Dank des Abkommens entfallen diese für Ursprungsprodukte. EU-Importeure können die Ware zollfrei einführen.

Verhandlungen über Freihandelsabkommen werden anspruchsvoller

Bei den vier Freihandelsabkommen zwischen der EU und wichtigen asiatischen Staaten wird es nicht bleiben. Derzeit verhandelt werden Abkommen zwischen der EU und Indonesien sowie zwischen der EU und Indien. Wobei das Wörtchen „derzeit“ es nicht ganz trifft: Indien und die EU verhandeln nämlich bereits seit 2007. Denn: Staaten wie Indien haben wirtschaftlich längst aufgeholt und treten sehr selbstbewusst auf. Verhandlungen finden auf Augenhöhe statt. Zudem wollen sich diese Staaten nicht bevormunden lassen und reagieren sehr empfindlich auf Forderungen der EU in Sachen Menschenrechte oder Umweltschutz. Bis sich alle einig sind, kann es also dauern.

Zudem sehen gegenwärtig verhandelte Abkommen anders aus als früher. „Im Grunde handelt es sich heute um ‚living agreements‘“, sagt Katrin Lange, Referentin Internationale Märkte und Trends der IHK Düsseldorf. Das heißt: Sie sind weniger starr. Sie regeln nicht nur wirtschaftliche Themen, sondern auch Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Dazu gibt es begleitende Ausschüsse, die offene Fragen weiter klären und verhandeln.

IHK-Kontakt
Holger von der Burg
Teamleiter Zoll‑ und Außenwirtschaftsrecht
Tel. 0211 3557-222
Holger.vonderBurg@duesseldorf.ihk.de


Katrin Lange
Referentin Internationale Märkte und Trends
Tel. 0211 3557-227
Katrin.Lange@duesseldorf.ihk.de

Umfassende Informationen rund um den Außenhandel: https://www.ihk.de/duesseldorf/aussenwirtschaft


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