Text: Beate Werthschulte, Fotos: Paul Esser
Als Josef Elshayeb nach der Flucht aus seinem Heimatland Syrien – unter anderem über die Türkei, Griechenland, Ungarn und Österreich – im April 2015 Deutschland erreichte, gehörte es nicht zu seinen Plänen, eine Ausbildung zum Koch zu absolvieren. „Ich hatte in Syrien begonnen, Physiotherapie zu studieren, musste aber bereits nach einem Semester abbrechen, weil ich kriegsbedingt nicht länger dort leben konnte“, erinnert er sich. Also war seine Idee – nachdem er im Mai 2015 in Düsseldorf angekommen war, begonnen hatte, Deutsch zu lernen und auf seine Anerkennung als Flüchtling wartete – eine Stelle in einer Physiotherapiepraxis zu suchen, um seine Ausbildung fortzusetzen. Eine Praxis, die ihm diese Möglichkeit gegeben hätte, so der heute 28-Jährige, habe er aber nicht gefunden und sich deshalb überlegt, sein großes Hobby, das Kochen, zu seinem Beruf zu machen. „Ich habe schon als Junge sehr gern gekocht und oft meiner Mutter geholfen, wenn sie für die Familie das Essen zubereitete“, erzählt Elshayeb begeistert.
„Josefs Augen leuchteten, als er von seiner Leidenschaft für das Kochen erzählte“
Rachid El Mellah, IHK-Willkommenslotse
Beim Besuch einer Jobmesse im Sommer 2017 nahm er dann Kontakt zur IHK Düsseldorf auf und vereinbarte einen Termin mit Rachid El Mellah, der in seiner Funktion als IHK-Willkommenslotse Geflüchtete und Unternehmen berät, unterstützt und passgenau zusammenbringt. „Ich kann mich noch sehr gut an das erste Gespräch mit Josef erinnern. Seine Augen leuchteten, als er mir von seiner Leidenschaft für das Kochen erzählte“, sagt El Mellah. Er konnte Josef Elshayeb dann sehr schnell einen Praktikumsplatz bei Stappen vermitteln. „Josef war uns von Anfang an sympathisch, er war fleißig und hat gut ins Team gepasst“, erklärt David Büchner, Inhaber des renommierten Restaurants im Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel. Deshalb war es für ihn keine Frage, dem jungen Syrer eine Stelle anzubieten. Und so konnte Elshayeb im Oktober 2017 seine Ausbildung zum Koch beginnen – obwohl er damals die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrschte.
Ein Teil des Teams
Das hat sich aber schnell geändert, denn das gesamte Stappen-Team hat ihm geholfen, indem alle möglichst langsam gesprochen haben, damit er sie gut verstehen konnte.
Zudem hat er an einer von der IHK vermittelten ausbildungsbegleitenden Maßnahme teilgenommen, um seine Sprachkenntnisse zu erweitern und zu vertiefen. Natürlich müsse ein gewisser Grundwortschatz vorhanden sein, damit beispielsweise Rezepte verstanden würden. „Hierfür ist aber das Sprachlevel B1 absolut ausreichend“, so Büchner.
Im Sommer dieses Jahres hat Elshayeb seine Ausbildung mit einem guten Ergebnis abgeschlossen. Jetzt freut er sich sehr, dass das Restaurant Stappen ihn als Koch in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen hat.
„Ich bin sehr glücklich hier, verstehe mich mit allen gut und fühle mich jederzeit als ein Teil des Teams“, sagt er zufrieden. Zudem ist Düsseldorf nach knapp sechs Jahren inzwischen seine zweite Heimat geworden. Er kommt gut mit seinen Nachbarn aus und hat Freunde gefunden, für die er in seiner Freizeit häufig syrische Gerichte kocht – nach Rezepten seiner Mutter.
Neue Azubis gesucht
Und David Büchner hat seine Entscheidung, Josef Elshayeb vor drei Jahren einzustellen, noch keinen Tag bereut. Aktuell hat er wieder einen Ausbildungsplatz zu vergeben und würde gern einem weiteren Geflüchteten eine Chance geben – aber es ist gar nicht so einfach, passende Bewerber zu finden. Das bestätigt auch Willkommenslotse El Mellah. „Je länger Geflüchtete in Deutschland leben und je besser sie die Sprache beherrschen, desto mehr steigen auch die Ansprüche. Deshalb ist eine Ausbildung in der Gastronomie nicht mehr so gefragt wie noch vor ein paar Jahren, viele möchten lieber in den kaufmännischen Bereich“, erläutert er. Dennoch ist er sicher, für das Restaurant Stappen wieder einen passenden Auszubildenden mit Affinität zum Kochen zu finden – auch wenn es dieses Mal vielleicht etwas länger dauert.
Seit 2016 unterstützt der IHK-Willkommenslotse Rachid El Mellah Geflüchtete dabei, einen Ausbildungsplatz zu finden. Wie in diesem Beitrag fragen wir in einer kleinen Serie nach, was aus denjenigen geworden ist, denen er vor einigen Jahren geholfen hat – etwa aus Majd Othman, der 2016 aus Syrien fliehen musste, oder aus Mhamud Mohammed, der seine Heimat Eritrea 2015 verlassen musste.
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