Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Anne Orthen
Meisterwerke von Rubens bis Gerhard Richter, von mittelalterlicher Kunst und Veduten-Malerei eines Canaletto bis zur modernen Fotografie, von einem Offiziersharnisch des 16. Jahrhunderts bis zu funktionalen Thonet-Stühlen und grell pinkfarbenen Gummi-Clogs mit Plateausohlen aus dem Jahr 2017: Nach drei Jahren Umbau, Sanierung und Abgeschnittensein vom Ehrenhof ist der grunderneuerte Düsseldorfer Kunstpalast – das Gebäude-Ensemble aus den 1920er Jahren direkt am Rheinufer gelegen – wieder geöffnet. 800 ausgewählte Schätze aus elf Jahrhunderten – Kunstwerke und Designobjekte vom Mittelalter bis zur Gegenwart – aus der 130.000 Stücke umfassenden städtischen Sammlung wurden hinter der historischen Fassade auf mehr als 5.000 Quadratmetern in 49 Räumen von Generaldirektor Felix Krämer und den Kuratorinnen Felicity Korn und Westrey Page auf das Schönste angeordnet.
Künstlerinnen spielen eine besondere Rolle
Ob Miniatur oder Monumentalwerk, Alltagsgegenstand oder Schmuckstück, Plastik oder Porzellan, Zeichnung oder interaktive VR-Installation – die Werkauswahl vereint Exponate aus allen Gattungen. Neben großen Namen sind auch weniger bekannte, zum Teil noch nie ausgestellte oder erst kürzlich neu erworbene Arbeiten in Szene gesetzt. Eine besondere Rolle haben dabei Werke von Künstlerinnen, die in historischen Sammlungen deutlich unterrepräsentiert sind.
Blick in die Ausstellung. Fotos: Anne Orthen
Der Düsseldorfer Kunstpalast ist ein Museum für alle – unabhängig von Alter und kunsthistorischem Hintergrund – soll dieser neuentstandene Prachtbau sein. „Es ist Großartiges für Düsseldorf entstanden“, schwärmte Oberbürgermeister Stephan Keller. Es sei ein modernes, zeitgemäßes Großstadt- Museum entstanden. „Kunst anders denken“ lautet die Devise von Hausherr Felix Krämer. Das bedeutet beispielsweise: Der Rundgang führt nahtlos von einem Saal in den nächsten. Der Betrachter ist auf einer reich illustrierten Zeitachse unterwegs, denn die Ausstellung ist chronologisch geordnet, aber auch nach Themenfeldern, nach Gemeinsamkeiten. Auf allen Wandtexten steht ganz oben der Name des Werks und nicht der des Künstlers oder der Künstlerin, wie es in der Regel der Fall ist. „Wir gehen nicht nach Namen. Wir wollen die Geschichten erzählen“, sagte Krämer, dessen bis 2027 laufender Vertrag gerade bis 2034 verlängert worden ist.
Verbindungen über Kontinente
Dies gelingt dem Kuratorenteam, indem es in der Schausammlung (von Zeit zu Zeit sollen einzelne Arbeiten ausgetauscht werden) Verbindungen oft über Kontinente hinweg herstellt zwischen sehr verschiedenen Werken, die zeitgleich entstanden sind. Man sieht einen Kimono, wie ihn die japanische Landbevölkerung Ende des 19. Jahrhunderts trug. Und daneben Max Liebermanns Gemälde „Kartoffelernte“ von 1875. Marienskulpturen stehen neben Buddha-Statuen, VW-Käfer neben Christo. Auch die digitale Dimension kommt im neuen Kunstpalast nicht zu kurz. Die App steht kostenfrei zur Verfügung und verbindet Augmented Reality Feature mit den Funktionen eines Audioguides, vermittelt Hintergrundinfos und bietet spielerische Elemente. Für Kinder (drei bis acht Jahre alt) ist in Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Unternehmen Tonies eine eigene über die Toniebox abspielbare Audiotour entstanden. Die Firma gehört zu den Förderern und Partnern des Kunstpalastes, ebenso die Ergo. Zudem hat Christoph Niemann fünf Kinderräume gestaltet und die Palast-Studio genannte Werkstatt lädt zu Workshops ein.
Der Düsseldorfer Kunstpalast lädt zum Verweilen ein
Einer, der sich intensiv mit der Geschichte des Hauses beschäftigt hat, ist der Düsseldorfer Architekt Joachim Sieber. Ihm ist es gelungen, die beiden gegenüberliegenden Häuser – von Wilhelm Kreis (1926) und Oswald Ungers (Ender der 1990er Jahre) – mit zusätzlichen Wendeltreppen und einer Stabilisierung des Belvedere so zu verbinden, dass der Rundgang durch die Sammlung endet, wo er beginnt: Im zentralen Saal des Ungers-Baus, dessen Kuppel nun von Video-Künstlern mit bewegten Bildern bespielt wird. Übrigens unter dem deckenhoch verglasten Belvedere, dem Raum auf der ersten Etage mit freigelegten Backsteinsäulen und lauschigen Sofas und Sesseln, die zum Verweilen und zum Betrachten der Grünflächen einladen, liegt das neue Museumsrestaurant. Anna Maria heißt es, benannt nach Jan Wellems Ehefrau, die ihre Gemälde in die gemeinsame Sammlung mit einbrachte. Zu Recht stolz ist der Düsseldorfer Kunstpalast auf die Rekonstruktion der legendären, 1967 eröffneten Düsseldorfer Künstlerkneipe „Creamcheese“, bestückt mit den originalen, damals dort ausgestellten Werken unter anderem von Günther Uecker und Daniel Spoerri. Es war europaweit der erste Club und Treffpunkt für die Kunst- und Musikszene. Das neue Creamcheese wird auch jenseits der Museumszeiten geöffnet sein und lädt ein zu einem kühlen Altbier vor einem Gerhard Richter.
Der Düsseldorfer Kunstpalast war schon in der Bauphase ein Thema im Online-Magazin der IHK Düsseldorf.