Text: Gesa van der Meyden, Fotos: Andreas Endermann
Beim Düsseldorfer Forum zur Handelspolitik diskutierten auf Einladung der IHK Düsseldorf Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft und Forschung zum Thema „Globalisierung versus Decoupling – Welche Strategie(n) für Unternehmen in international schwierigen Zeiten?“
In seiner Begrüßung kam Burkhard Dahmen, Vize-Präsident der IHK Düsseldorf und Sprecher der Geschäftsführung SMS Group GmbH, schnell auf das beherrschende Thema des Treffens zu sprechen: „Die Zeichen, die uns aus China erreichen, sind alles andere als hoffnungsvoll. Sie stehen auf Isolation, vielleicht sogar Konfrontation.“ Aufgrund der strikten Null-Covid-Politik schotte sich das Land immer mehr ab und erschwere den persönlichen Austausch. Zudem wachse die Sorge vor einer Eskalation in der Taiwan-Frage.
Angesichts der starken Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China und vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine diskutierten beim Düsseldorfer Forum zur Handelspolitik im Wirtschaftsclub auf Einladung der IHK Düsseldorf Dr. Franziska Brantner (MdB), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Ivonne Julitta Bollow, Senior Vice President Corporate Public Policy, Metro AG, Dr. Mikko Huotari, Direktor des Mercator Institute for China Studies (MERICS) und Alexander Wilden, Inhaber und Geschäftsführer der Schwarz Gruppe.
„Es gibt keinen liberalen Wirtschaftskurs in China“
Mikko Huotari, Direktor MERICS
Eine zentrale Strategie, auf die sich alle Beteiligten beim Düsseldorfer Forum zur Handelspolitik schnell einigten, ist ein neuer Blick auf China. „Der Parteitag der kommunistischen Partei hat gezeigt, dass China vor allem auf sich guckt und seine Interessen in Zukunft noch rigoroser verteidigen wird. Wir müssen uns daher schnell unabhängiger von China machen“, sagte Franziska Brantner. Sie sammle derzeit fleißig Bonusmeilen, weil sie andere mögliche Rohstoff-Lieferanten in der Welt besuche. Länder wie Kanada, Südafrika, Chile oder Norwegen verlangten wegen höherer Sozial- und Umweltstandards mehr Geld, doch eine Diversifizierung der Abhängigkeit auf mehrere, im besten Fall befreundete Staaten sei der einzige Weg zu nachhaltigem Wirtschaften. Allerdings habe Deutschland diese Erkenntnis nicht allein. „In vielen dieser Länder höre ich: ,Schön, dass Sie auch schon da sind, stellen Sie sich in der Schlange an‘“, sagt Brantner.
Mikko Huotari plädiert mit Blick auf China für einen „nüchternen Realismus“. „Es gibt unter Xi Jingping keinen liberalen Wirtschaftskurs in China. Er stellt Kontrolle und Ideologie über rationale Entscheidungen, es gilt das Prinzip politics over economics. China wird seine Cyberattacken fortsetzen und bereitet sich auf einen Kampf um Taiwan vor. Es ist kein Partner, sondern ein Land, in dem wir im dauerhaften Konflikt stehen werden“, sagte der Experte. Laut Franziska Brantner handelt es sich um einen Systemrivalen, der „uns nie Anteile an seinen Häfen verkaufen würde“. Es sei Zeit, dass die Europäer mehr auf sich selbst schauten und auch in Rohstoff- und Energiefragen enger kooperierten. „Wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind und selbstbewusst unsere sozialen und ökologischen Standards in der Welt vertreten.“
Diskussion zum Lieferketten-Gesetz beim Düsseldorfer Forum zur Handelspolitik
Dem stimmt Unternehmer Alexander Wilden grundsätzlich zu, gibt aber zu bedenken, dass das Lieferketten-Gesetz, das die Einhaltung dieser Standards im internationalen Handel sichern soll, die Unternehmen vor große Herausforderungen stelle. „Einige Länder sind damit überfordert, und wir riskieren, dass sie sich an China wenden, weil ihnen unsere Standards zu hoch sind. Es gibt inzwischen viele NGOs, die überprüfen, wo es zum Beispiel Kinderarbeit gibt und die die Schuldigen öffentlich an den Pranger stellen, so dass eh niemand mehr mit ihnen arbeitet. Der Markt regelt das also in gewisser Weise selbst. Ich weiß nicht, ob wir uns mit solchen Gesetzen einen Gefallen tun.“ Den Tenor der Diskussion beim Düsseldorfer Forum zur Handelspolitik fasste Mikko Huotari so zusammen: „Keine Rückkehr zur totalen Globalisierung“. Es sei wichtig, dass sich Deutschland und Europa auf eigene Stärken besinnen und die Abhängigkeit von autoritären Staaten sukzessive abbauen.
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