Text: Alexander Esch, Foto: Mercedes Benz AG
Mit Romantik hat diese Hochzeit nichts zu tun. Was hier abläuft, ist programmierte Hocheffizienz. Leise surrend gleitet der Schlitten heran. Er fährt den Unterboden von der Seite unter die Karosserie, dann wird er in sie hineingehoben. Der Sprinter ist verheiratet. Achsen und Motor sind mit dem Gehäuse verbunden worden, so wie es rund 660 Mal pro Tag geschieht. Dennoch ist diese Hochzeit etwas Besonderes. Die auf dem Unterboden montierten Batterien lassen darauf schließen. Denn E-Sprinter laufen längst noch nicht so oft wie ihre Verbrenner- Kollegen übers Band. Es ist alles noch recht frisch mit dem E-Sprinter, der seit Dezember im Düsseldorfer Werk in unterschiedlichen Akku- Varianten produziert wird. Lediglich „ausgewählte Flottenkunden können bereits ordern“, sagt Mercedes auf Nachfrage des IHK-Magazins. Die Verkaufsfreigabe für Endkunden erfolge wie geplant erst im Frühjahr. Bis dahin verrät das Unternehmen nicht einmal die Preise.
„Ich bin überzeugt, dass sich der E-Sprinter zu einem der wichtigsten Produkte entwickeln wird.“
Armin Willy, Standort- und Produktionsleiter bei Mercedes in Düsseldorf
Was es jedoch ganz offen kommuniziert, ist ein klares Bekenntnis zum Standort Düsseldorf, wo das Unternehmen seit 1962 seine Transporter baut. 330 Millionen Euro hat es in den vergangenen Jahren in den technischen Ausbau gesteckt. Einige Millionen flossen nun innerhalb eines Jahres in den Umbau, der es möglich macht, dass die elektrischen Sprinter auf derselben Produktionslinie wie die konventionell angetriebenen gefertigt werden können. Das schafft unternehmerische Flexibilität. Armin Willy, Standort- und Produktionsleiter: „Ich bin überzeugt, dass sich der E-Sprinter zu einem der wichtigsten Produkte entwickeln wird und somit maßgeblich dazu beiträgt, dass wir hier in Düsseldorf auch weiterhin ein starkes Werk von Mercedes-Benz bleiben.“ Zudem habe Düsseldorf als größtes Transporterwerk der Daimler AG eine zentrale Bedeutung, so dass man sich ganz bewusst entschieden habe, die Produktion des neuen E-Sprinters dort zu starten.
Ein starker Standort
Umgekehrt ist das Werk enorm wichtig für den Industriestandort. Ablesen ließ sich das schon an den Würdigungen von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) beim Produktionsstart. Marion Hörsken, IHK-Geschäftsführerin der Abteilung Branchenbetreuung, hinterlegt das mit Zahlen. Knapp 95.000 Beschäftige gebe es im erweiterten Sinne in Düsseldorf im „Netzwerk Industrie“, also neben dem produzierenden Gewerbe, in den industrienahen Dienstleistungen und bei den technologieorientierten Gründungen. Allein 6.400 Beschäftige davon sind im Sprinter-Werk angestellt, also knapp sieben Prozent. „Daran ist die Relevanz des Werks schon ablesbar“, sagt Hörsken. Zudem könne man sich glücklich schätzen, dass sich hier einer der bundesweit wenigen Automotive-Standorte entwickelt und etabliert habe.
Nachhaltigkeit wird groß geschrieben
Hörsken lobt die Innovationsfähigkeit des Unternehmens, das in Düsseldorf bereits die papierlose Fabrik umgesetzt hat. Der Strom im Werk soll zudem im Jahr 2022 nur noch aus 100 Prozent regenerativen Quellen stammen. Ein On-Demand-Werkshuttle ist für eine bessere CO2-Bilanz des werksinternen Verkehrs geplant. Doch wie steht es um die Zukunft des Unternehmens selbst und damit auch des Werks? Vor allem angesichts von Gewinneinbrüchen und einem Sparkurs samt Stellenabbau, womit Daimler von sich reden macht? Das Unternehmen beschwichtigt: Weniger Jobs soll es vor allem in der Verwaltung geben, nicht in der Produktion. Zudem sind betriebsbedingte Kündigungen für Mitarbeiter der Daimler AG, der Mercedes-Benz AG sowie der Daimler Truck AG in Deutschland bis Ende 2029 ausgeschlossen. Dennoch sieht der Konzern natürlich, dass E-Fahrzeuge einfacher zu produzieren sind, auch wenn der Aufwand aktuell im Sprinter- Werk aufgrund der Entwicklung verschiedener Technologien höher ist. Hierzu teilt das Unternehmen mit: „Wir verfolgen generell eine Wachstumsstrategie mit steigendem Absatz, die (bei gleichzeitigen Effizienzgewinnen) Arbeit und Beschäftigung sichert.“ Zudem böten neue Technologien Chancen auf neue Jobs.
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