Deutsche Unternehmen lernen von ukrainischen Führungskräften – und umgekehrt

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Eine Sonderinitiative des Bundes bringt ukrainische Führungskräfte mit deutschen Unternehmen zusammen. Was beide Seiten dabei gelernt haben und wo neue Geschäftsbeziehungen entstanden sind, stellten die Teilnehmenden bei der Abschlussveranstaltung in der IHK Düsseldorf vor.

Text: Jennifer Spatz, Foto: Andreas Endermann
Wirtschaft lebt vom Austausch – da sind sich die Teilnehmenden des Programms „Partnering in Business with Germany“ einig. Anfang April 2025 haben sie gemeinsam das Ende der zweiten Runde gefeiert und Erfahrungen ausgetauscht. Ziel der Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ist es, ukrainische Führungskräfte mit deutschen Unternehmen zu verknüpfen – und zwar in Berlin und Düsseldorf. An der Organisation für die nordrhein-westfälische Seite war die IHK Düsseldorf beteiligt. Sie hat Kontakte vermittelt, Räume bereitgestellt und fachlichen Input gegeben.

Im Rahmen des Programms machen geflüchtete Führungskräfte aus der Ukraine Praktika in deutschen Unternehmen. Sie werden Teil eines festen Teams, übernehmen Aufgaben, entwickeln gemeinsam mit anderen Mitarbeitenden Strategien und übernehmen hier und da auch Verantwortung. Die Teilnehmenden, meist Frauen, erhalten auf diese Art und Weise ein Stück ihres alten Lebens zurück. Ein wichtiges Signal, sagt Maksym Onyshchenko vom Generalkonsulat für die Ukraine in Düsseldorf. „Ukrainische Entrepreneure sind selbstverständlich auch nach Kriegsbeginn immer noch kreativ und Fachleute auf ihrem Gebiet. Sie brauchen nur einen Ort, an dem sie das beweisen und ausleben können.“

Sonderinitiative des Bundes: Partnering in Business with Germany

Genau diesen Ort soll das Projekt den Geflüchteten bieten. In einigen Fällen ist es bei einem reinen Praktikum, Erfahrungsaustausch und einer Netzwerkerweiterung geblieben. Doch es gibt auch Fälle, die den ukrainischen Führungskräften Gelegenheit bieten, ihre Kompetenzen voll auszuspielen. So zum Beispiel im Fall von Viktoriia Doner und dem mittelständischen Düsseldorfer Familienunternehmen Keller & Bohacek aus der Spezialchemie-Branche. CEO Bernd Weyershausen erzählt auf der Abschlussveranstaltung, dass sein Unternehmen in der ersten Programmrunde keinen passenden Teilnehmenden gefunden haben. „Aber in der zweiten Runde ist uns Viktoriias Lebenslauf sofort aufgefallen“, sagt Weyershausen. Denn die Ukrainerin kann zusätzlich türkisch und deckt damit sprachlich die zwei wichtigsten Exportgebiete des Unternehmens ab. Weil sie auch Vertriebserfahrung hat, konnte sie direkt im Bereich Technical Sales einsteigen. „Und weil wir so gut miteinander arbeiten können, und ein Kollege in Rente geht, übernimmt Viktoriia nun zum 1. Juni den Vertrieb für diese beiden Märkte.“

Dass so eine erträgliche Zusammenarbeit nicht nur in der Industrie gelingen kann, zeigen Viktoriia Grygorieva, ukrainische Anwältin, und Georg Jaster, Partner der Kanzlei Tigges. Selbstverständlich gibt es eine Sprachbarriere und Grygorieva darf in Deutschland nicht als Anwältin praktizieren. „Ich habe zuhause an vielen schwierigen Fällen gearbeitet, darf aber hier in Deutschland keinen Mandanten vor Gericht vertreten“, so die Ukrainerin, die die Kanzleimitarbeitenden nun beratend unterstützt. Das tut der Zusammenarbeit keinen Abbruch, sagt Jaster. „Anwältinnen und Anwälte lernen in erster Linie Methoden – und die funktionieren in so ziemlich jedem Rechtssystem.“ Für die europaweit aktive Kanzlei zahlt sich auch das Fachwissen der Ukrainerin aus. Grygorieva hat nämlich zuvor 18 Jahre lang Fälle im Bereich Züge und Verkehrszulassungen bearbeitet – eine wichtige Expertise für Tigges.

Das gegenseitige Verständnis füreinander ist die essenzielle Basis für gute Geschäftsbeziehungen oder wie die Teilnehmerin Nataliya Hovda, Managerin bei dem Unternehmen Wilhelm Böllhoff, es formuliert: „Erst muss man die anderen verstehen, dann kann man auch verstanden werden.“ Beim Projekt dreht sich Vieles um Kommunikation, Erfahrungsschätze, Erlebtes und Kultur. Hier hat die Initiative des Bundes geholfen, Brücken zu schlagen und Netzwerke zu erweitern. Die können Unternehmen im Raum Düsseldorf und Mettmann nun für sich nutzen, um weitere ukrainische Fachkräfte anzuwerben und ihre Verbindungen mit dem Land zu stabilisieren. Denn für viele Unternehmen könnte die Ukraine zu einem interessanten Wirtschaftspartner werden, wenn sie es ungeachtet der kriegerischen Konflikte nicht schon ist. Mit Robert Butschen, (Referent Internationale Märkte und Trends), Georg Judin, (Willkommenslotse für ukrainische Geflüchtete), Camille Bolz (Expat Service Desk) und Oliver Wagener (Business Scout & Koordinator IHK-Hub der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung) und vielen weiteren Mitarbeiten der IHK steht den Unternehmen ein tatkräftiges Team zur Seite.


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