Text: Ute Rasch, Fotos: Andreas Endermann
Irgendwo in einer Nische steht ein Korb mit „Sorgenfressern“, Kuschelwesen zum Trost für trauernde Kinderseelen. Aber vielleicht sind die liebeswerten Stoffmonster auch ein Symbol für eine spezielle Unternehmensphilosophie. Denn Menschen, die ins Bestattungshaus Frankenheim kommen, sind immer in einer Ausnahmesituation. „Gerade ein plötzlicher Tod ist ja eine Katastrophe für die Angehörigen. Wir versuchen bei jedem herauszufinden, was in diesem Moment gerade gebraucht wird“, sagt Claus Frankenheim. Der 61-Jährige führt den Düsseldorfer Traditionsbetrieb in fünfter Generation – gemeinsam mit seinen beiden Töchtern.
Dass der Tod zum Leben gehört, dieser Satz ist in dem Unternehmen tägliche Realität. Oder wie Claus Frankenheim das formuliert: „Wir bieten ein Produkt, das jeder braucht und keiner haben will.“ Das Stammhaus in Derendorf (daneben existieren sieben Filialen bis Mettmann und Krefeld) ist auch ein Ort der Erinnerung an die Unternehmens-Gründung, die nun exakt 150 Jahre zurückliegt. Und an Johann Frankenheim, Schreinermeister in Derendorf, und seinen Sohn Hubert, der 1872 zum ersten Mal einen Sarg baute und damit den Grundstein legte für den Erfolg über Generationen.
Rasante Entwicklung
In jener Zeit waren die Aufgaben klar verteilt. „Der Schreiner baute das Erdmöbel, wie man damals sagte, der Rest wurde von der Familie und dem Pfarrer erledigt“, so Claus Frankenheim. Heißt: Verstorbene zu waschen, anzukleiden und in den Sarg zu legen war Pflicht der Angehörigen. Sie kümmerten sich um ein Grab, planten die Beerdigung, mussten wegen der Sterbeurkunde zum Standesamt. Lauter Aufgaben, die das Bestattungsinstitut („Wir sind ein ganzheitlicher Dienstleister“) ihnen heute selbstverständlich abnimmt. Und mehr. Denn hier können Angehörige Unterstützung auch nach der Beerdigung erwarten, mit einer individuellen Trauerbegleitung – ob in der Gruppe oder in Einzelgesprächen – bis zum Yogakurs für Hinterbliebene, der spezielle Entspannungs- und Atemtechniken vermittelt.
Eine solche Entwicklung hätte sich Großvater Karl (geboren 1901), der das Geschäft nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufbaute und modernisierte, nicht träumen lassen. Auch dass seine Nachfahren Trauerkapellen und eigene Columbarien (Urnen-Friedhöfe) anbieten würden, wäre für ihn kaum vorstellbar gewesen. Er brachte das junge Unternehmen durch die Wirren des Krieges. Dass übrigens bis heute die Fahrzeuge der Düsseldorfer Bestattungsunternehmen keine Firmenschriftzüge tragen, stammt aus dieser Zeit, „man half sich gegenseitig mit den Autos aus“, so Claus Frankenheim. Frühes Car-Sharing, aus der Not entwickelt.
Individuelle Vielfalt ist gefragt
Mit den Zeiten änderte sich der Geschmack und damit auch die Rituale: „Früher wurden gern dunkel gebeizte Prunksärge für die letzte Ruhestatt gewählt, mit Kupferbeschlägen, Löwenfüßen, geschnitzten Palmwedeln“, so Frankenheim. Heute mag man es eher schlicht, auch ökologische Aspekte werden immer wichtiger. Deshalb produziert das Bestattungshaus Frankenheim längst eine eigene Sarg-Linie unter dem Namen „Naturweg“. „Damit bieten wir Alternativen für eine Erd- oder Feuerbestattung mit nachhaltigen Materialien“, so Victoria Frankenheim.
Und während Verstorbene früher „einfach unter die Erde kamen“, ist heute Fantasie und individuelle Vielfalt angesagt. Da können Enkelkinder der Oma noch eine Zeichnung in den Sarg legen und der Opa bekommt vielleicht eine Flasche Killepitsch mit auf die letzte Reise. Da wird die Urne eines passionierten Motorradfahrers schon mal im Beiwagen seiner Harley Davidson und im Geleitzug seiner Biker-Freunde zum Friedhof transportiert. Und während früher Erdbestattungen als Norm galten, wird heute zu 75 Prozent die Feuerbestattung gewählt. Diese Tatsache ermöglicht neue Arten des Abschieds: Heute kann die Asche aus dem Heißluftballon über Frankreichs Wäldern verstreut werden oder aus dem Hubschrauber über der spanischen Sierra Nevada. Und wer es noch ein bisschen extravaganter mag, schickt eine winzige Menge Asche in einer Kapsel in den Weltraum – zur ewigen Ruhe im Universum.
Frischer Wind im Bestattungshaus Frankenheim
Frischen Wind ins Unternehmen brachten vor fünf Jahren die beiden Töchter Juliane (30) und Victoria (27), die ursprünglich ganz andere Berufswege geplant hatten (Juliane studierte Personalmanagement und Konsumenten-Psychologie, Victoria ist ausgebildete Medienkauffrau Digital und Print und studierte Wirtschafts-Psychologie). Aber dann entschieden sich beide doch – „ohne jeden Druck“ – fürs Familien-Business und führen im Team mit ihrem Vater das Bestattungshaus Frankenheim. Ein Glücksfall offenbar für alle Beteiligte. Claus Frankenheim kann sich so auch auf seine Arbeit im Trauer-Kolleg für Menschen aus pflegenden Berufen konzentrieren (und sich ein bisschen mehr Zeit für seinen Bauernhof in der Eifel nehmen). Und seine Töchter („wir haben viel Freiraum“) entfalten an seiner Seite ihre Selbstständigkeit. Sie schätzen die täglichen Herausforderungen: „Wir geben trauernden Angehörigen Halt und wollen für sie ein Fels in der Brandung sein“, so Juliane Frankenheim.
Über das Rezept, wie es dem Unternehmen gelang, 150 Jahre erfolgreich zu sein, ist sich das Vater-Töchter-Team einig: „Es geht immer um die Menschen und ihre unterschiedlichen Bedürfnisse. Dafür braucht es keine 08/15-Lösungen, sondern die Fähigkeit zum Wandel und den Mut, neue Wege zu gehen.“ Einer dieser Wege führt übers Internet: Frankenheim bietet Gedenk- und Formalitätenportale und demnächst auch Trauerbegleitung online – Beispiele für Innovationen in einer Traditionsbranche.
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