Text: Thomas Reuter, Fotos: Anna Schwartz
Die IHK Düsseldorf möchte bei ihrer Arbeit im Kreis Mettmann neue Impulse setzen. Warum?
Tina Schmidt: Die Idee zur Neuausrichtung stammt aus unserem Kommunalwahlprojekt im vergangenen Jahr. Wir haben mit den Unternehmerinnen und Unternehmern Positionen zum Wahlkampf erarbeitet und beschlossen. Herausgekommen sind kurze, prägnante Positionen für jede der zehn Kommunen im Kreis Mettmann. Diese Themen haben die Bürgermeister-Kandidatinnen und -Kandidaten in öffentlichen Wahlarenen diskutiert und Position zu den Themen bezogen. Herausgekommen sind Themen, welche die Wirtschaft vor Ort beschäftigen. Genau hier wollen wir uns künftig stärker einbringen.
Dann war die Kommunalwahl ein konkreter Anlass, auch in Zukunft mehr in die Politik hineinzuhören?
Marcus Stimler: Genau. Uns wurde schnell klar, dass wir deutlich politischer werden wollen und müssen als wir es waren. Das ist nicht nur unser Anliegen, sondern insbesondere das der Regionalausschüsse, die fortlaufend im Kommunalwahlprojekt eingebunden waren. Von Anfang an Stand das Thema Beteiligung der Unternehmerinnen und Unternehmer an vorderster Stelle. Mit einer groß angelegten digitalen Umfrage konnten wir die Bedürfnisse der Teilnehmenden erfassen und in die Positionspapiere einfließen lassen. Das schürt Erwartungen bei den Unternehmen, aber das ist auch gut so.
War man als IHK von Aussagen in den Positionspapieren überrascht? Wurde deswegen auch die Notwendigkeit gesehen, sich neu aufzustellen?
Tina Schmidt: Ja und nein. Wir sind Sprachrohr der lokalen Wirtschaft. Auf Bundesebene werden Unternehmer gut gehört.
Auf Landesebene wird es schon weniger, auf kommunaler Ebene noch mal weniger. Das hat unterschiedliche Gründe. In den Räten sitzen aus unserer Sicht zu wenig Unternehmerinnen und Unternehmer. Wenn es um Wirtschaftsthemen geht, ist das schon schwierig. Wir wollen tiefer in das Denken und Handeln in den Kommunen einsteigen.
In den städtischen Ausschüssen, in den Räten müssen Wirtschaftsbelange einen höheren Stellenwert bekommen – gerade in Zeiten wie diesen. Die Ausschüsse sind Netzwerk, Kompetenzträger und Impulsgeber. Mit dieser geballten Kraft können wir uns für die Themen einsetzen, die von Bedeutung für die Wirtschaft vor Ort sind.
An welchen Stellschrauben kann die IHK da drehen?
Marcus Stimler: Da gibt es einige. Wir wollen Themen über unsere Ausschüsse in die Gremien der Kommunen spielen und damit öffentlich machen. So können wir Forderungen der Wirtschaft einfließen lassen. Wir wollen in den städtischen Gremien präsenter sein, zum Beispiel als beratendes Mitglied, idealerweise mit Sprachrecht.
Gibt es zwischen Verwaltungen, Politik und Wirtschaft zu wenig Dialog?
Marcus Stimler: Wie heißt es so schön „Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden“. Wir sehen den Dialog mit der Politik und Verwaltung als große Chance, um gemeinsam Themen und Projekte in einer Stadt umzusetzen. In den Gesprächen mit den Stadtspitzen, die wir in den letzten Wochen geführt haben, wird das auch ausdrücklich gewünscht.
Tina Schmidt: Viele Unternehmen würden sich gerne mehr mitgenommen fühlen und wünschen sich von der Wirtschaftsförderung eine Strategie, insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen. Einige Städte haben sich in der Pandemie auf den Weg gemacht und ihre größten Unternehmen besucht, um zu erfahren: Wie sieht es bei Ihnen aus? Und da ging es nicht nur um die Gewerbesteuer, die für die städtischen Finanzen eine große Rolle spielt. Einige Städte haben eigene, kommunale Corona-Finanzspritzen bereitgestellt. Andere haben Lieferportale eröffnet. Es hängt immer von den handelnden Personen ab.
Marcus Stimler: Und von den Haushalten der Städte. Wenn ich den Nordkreis sehe – da haben es die Städte schon schwer.
Ein Problem, auf das Sie immer wieder hinweisen, sind fehlende Gewerbeflächen. Kann die IHK ihr politisches Gewicht auf Landesebene einbringen, wenn es um Genehmigung neuer Gewerbeflächen geht?
Marcus Stimler: Manchmal muss man auch Anwalt der Kommunen auf Bezirks- und Landesebene sein. Das machen wir natürlich. Wenn aber die Kommune schon im Vorfeld Schwierigkeiten bei der Ausweisung sieht, müssen wir erst einmal dort ansetzen, bevor wir andere Ebenen ansprechen. Wir wissen auch, dass Flächen endlich und ein knappes Gut sind. Aber wir wissen ebenso, dass es oft noch attraktive Lagen in den Städten gibt. Diese sind nicht in ein, zwei Jahren baureif zu machen. Wir reden hier über längere Zeiträume, anfangen müssen wir aber jetzt!
Tina Schmidt: Wir erstellen gerade in Kooperation mit dem Kreis Mettmann ein Konzept zur Revitalisierung von Gewerbeflächen. Derzeit werden ausgewählte Gewerbegebiete analysiert im Hinblick darauf, ob und wie darin untergenutzte Flächen aktiviert werden können.
Weil da oftmals Brachen sind?
Tina Schmidt: Genau. Das Thema der nächsten Dekaden ist Bestandsentwicklung, um in die Jahre gekommene Gewerbegebiete fit zu bekommen. Das ist eine Mammutaufgabe, das sind sehr dicke Bretter, die wir gerne mitbohren. Es gibt kluge Ansätze wie zum Beispiel gestapelte Nutzungen, Begrünung. Gerade vor dem Hintergrund des Klimaschutzes gewinnen diese Themen an Relevanz und Dringlichkeit.
Welche Vorteile versprechen Sie sich für die Unternehmen im Kreis, wenn sich die IHK neu aufstellt?
Marcus Stimler: Gerade in dieser Pandemie, die für viele Unternehmen existenzbedrohend ist, verstehen wir es gerade jetzt als unseren Auftrag, die Wünsche und Forderungen der Unternehmen in Richtung Politik und Verwaltung zu artikulieren. Dazu gehören für uns „kurze Drähte“ in die Fraktionen und in die Stadtverwaltungen. Wir führen gerade gute, konstruktive Kennenlerngespräche, etwa mit allen Fraktionsvorsitzenden. Ein guter Kontakt ist hier das A und O.
Tina Schmidt: Gemeinsam, können wir konkrete Themen zielführender anpacken und helfen, sie umzusetzen – egal ob der RRX, neue Baugebiete, der Lückenschluss der A44 oder neue Konzepte für die Innenstädte nach Corona. Es gibt viele Themen, packen wir es an!
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